Jukebox

Wagner ist einer, den Pop noch nicht packte

Richard Wagner ist nun ja ein gewaltiger Brocken, der mit seiner Musik der Welt im Magen liegt. Pathos und Pomp. Eine romantische Götterdämmerung, der Pop, ansonsten Pomp und Pathos gar nicht fern, eigenartigerweise bis jetzt geflissentlich aus dem Weg ging, selbst zu den Hochzeiten, als Rock und Klassik einander in die Arme getrieben wurden, wo man sich aber lieber mit den geschichtlich solide abgehangenen Altmeistern wie Bach, Beethoven oder einem unverdächtigen Sibelius beschäftigte.

Aber hier soll es gar nicht um diese seltsamen Liaisonen gehen, in denen Pop sich bildungsbürgerlich geben wollte oder die so genannte ernste Musik freundlicherweise mal in die Knie ging, um irgendeine vermeintliche Augenhöhe zu finden, und selbst um Wagner geht es nur irgendwie, bei der neuen CD von Christian von Borries, dem „Wagnerkomplex“. Wobei der Titel durchaus auch persönlich zu deuten ist, dass ihn der Komponist eben nicht lau lässt mit seiner Musik: „Die greift einen von hinten und man merkt nicht, was mit einem passiert. Ich würde das nicht benutzen, wenn ich es nicht gut und gleichzeitig grauenhaft fände“, benannte Borries mal hier in der taz den Zwiespalt, der immer wieder produktiv gemacht werden kann. Am besten in einem historisch-gesellschaftlichen Resonanzraum, den wiederum der Palast der Republik abgab. Borries’ Wagnerkomplex-Konzerte dort im September des vergangenen Jahres sind auf der CD verarbeitet, aufgeteilt in Portionen, die Titel wie „Sozialistengesetz Bismarcks“ oder „Deutsch-Französischer Krieg“ tragen. Bis aber wirklich Klassisches zu hören ist (es spielte das Brandenburgische Staatsorchester), dauert es erst mal 17 Minuten mit einem Rauschen, als hätte man ein Mikro in einen Lüftungsschacht gehängt, und auch danach schieben sich immer wieder Industrialklänge und sonstige Soundcollagen in die Wagner- und Mahlerexzerpte. Was insgesamt als ein musikalischer Kommentar über Musik gehört werden kann (und dabei den nötigen Spaß macht). Präsentiert wird die CD an diesem Montag vor Ort, also im Palast der Republik (wo es auch eine auf Xenakis beruhende neue Komposition Borries’ zu hören gibt). 20 Uhr (kein Nacheinlass!), 5 Euro.

Noch mehr Annäherungen an Wagner: die Wiederaufnahme von Maurice Béjarts Ballett „Ring um den Ring“, ein immerhin auch fünfstündiges Vergnügen, am Samstag und Dienstag in der Deutschen Oper. THOMAS MAUCH