Der Ex-Punk, Agit-Popper, Britpop-Vater und Arbeiterheld Paul Weller spielt in der Musikhalle
: Going Overground

Ganz alleine ist Paul Weller nie bei seinen Konzerten, auch wenn er bis heute gerne das Bild des einsamen, rebellischen Mannes pflegt. In einem Halbkreis hat er stets seine Gitarren versammelt, blinkende, sorgfältig in Schuss gehaltene, teure Sammlerstücke, die nur darauf zu warten scheinen, von ihm bespielt zu werden.

Paul Weller eilt ein besonderer Ruf voraus. Der Ruf, nicht nur einer der bestangezogensten Männer, sondern auch einer der talentiertesten Songschreiber Englands zu sein. Seit seinen wilden Jugendjahren mit den 1975 gegründeten Beat-Punk-Euphorikern von The Jam ist der 1958 geborene Weller ein Kultstar. Weller ist ein Dandy-Musiker, der gerne durch die Stile flaniert, ein „Changingman“, der seine Fans gerne verblüfft: Viele haben ihm den Wechsel zum souligen Jazzpop seiner zweiten, schon 1990 aufgelösten Combo The Style Council nicht verziehen, und auch heute vergeht kein Konzert, bei dem die alten Jam-Erfolgsnummern nicht lautstark gefordert werden – allen voran „Going Underground“ und „That‘s Entertainment“.

Immerhin: Weller, der 1992 seine Solokarriere mit dem Album Paul Weller startete, spielt heute neben vielen neuen Stücken das rund 20 Jahre alte „That‘s Entertainment“, meistens in einer kraftstrotzenden Version, der nichts ferner liegt als nostalgische Rührung. Andere Preziosen, die er gerne aus dem Hut zaubert, sind das Soul-Stück „Town Called Malice“ und Style Councils wunderbares „Headstart for Happiness“.

Doch Weller ist nicht nur ein hervorragender Instrumentalist an der E- Gitarre wie an seinen verschiedenen akustischen Gitarren, an den sich beinahe jede wichtige englische Band der Gegenwart erinnert, wenn nach Vorbildern gefragt wird. Vor allem ist Paul Weller ein Soul-Shouter, der eine besonders rare Fähigkeit besitzt: jeden Song klingen zu lassen, als spiele er ihn zum allerersten oder zum allerletzten Mal. In seiner furiosen Leidenschaft ist sich der „Changingman“ über die Jahre treu geblieben.

Dass Ex-Punk, Agit-Popper, Oasis-Kumpel, Britpop-Vater, Blair-Kritiker und Arbeiterheld Weller jetzt in der rauchfreien Musikhalle angekommen ist, sollte Rebellenrocker und Pop-Nostalgiker nicht ärgern. Auch wenn die Kippe mal aus- und das Flaschenbier zubleiben muss: lieber Weller deluxe als gar keinen Weller. Also begrüßen Sie diesen Mann bitte ganz besonders herzlich: Er hatte immerhin schon 56 Singles in den britischen Charts. Marc Peschke

Freitag, 20 Uhr, Musikhalle