Bushs Krieg geht weiter

„No Surrender“? Wer heute John F. Kerrys Wahlkampfhymne hört, könnte trübsinnig werden

An einem grauen Donnerstag erwachte ich mit einem grauen Herzen. Stolperte zum Fernseher. Wie befürchtet: Kein Albtraum. Übergab mich und legte Lied 1 der B-Seite von Bruce Springsteens „Born in the USA“ auf: „No Surrender“. Das Lied, mit dem John Kerry in den Wahlkampf zog, das Versprechen, das er gab.

We made a promise, we swore we’d always remember / No retreat, Baby, no surrender.

Niemals aufgeben? Was hat Kerry getan? „I surrender“ geschrien, bevor man bis drei zählen konnte.

Ja. Das ist jetzt ungerecht, trifft den Falschen, ist praktisch verbittert. Aber wer heute nicht verbittert ist, und verzweifelt, der ist entweder gleichgültig oder zynisch oder dumm oder tot.

Selbstverständlich ist es nicht wahr, wenn der Boss singt, dass man mehr von einer Popsingle lernen kann als durch Bildung.

We learned more from a three-minute record, baby / Than we ever learned in school.

Selbstverständlich muss man aufpassen, dass einem die Emotionen der Popmusik nicht das Hirn verkleistern. Aber wer dieses Jahr in den USA war oder nur die verzweifelten Kinder Amerikas im Fernsehen gesehen hat, muss wissen, dass der geistige, kulturelle und politische Riss zu fundamental ist, als dass man ihn „heilen“ könnte. Wie einen sachpolitischen Dissens in der Gesundheitspolitik.

Well now young faces grow sad and old / And hearts of fire grow cold.

Vor allem aber: Glaubt einer im Ernst, dass der Präsident und die angeschlossenen Unternehmen („The haves and have mores“) die zweite Amtszeit nicht nutzen, um die angefangenen Dinge zu Ende zu bringen?

There’s a war outside still raging / You say it ain’t ours anymore to win.

Goodbye, Kerry. Und Memo zur Erinnerung an all jene, deren Hirn nicht total durchweicht ist von der Sonne, vom Fernsehen oder vom Schnaps. Bush führt Krieg. Gegen die Bildung. Gegen die Umwelt. Gegen die Aufklärung. Gegen die Zivilisation. Gegen uns. Und wir haben keine Wahl mehr. PETER UNFRIED