Stimmen aus aller Welt

„Wie ist es nur möglich, dass ein erwiesener Dummkopf, der die Flasche durch die Bibel ersetzt hat, die Präsidentschaftswahlen in den USA gewinnt? Bush ist auf dem besten Weg, Science-Fiction vor unseren Augen in Realität zu verwandeln: In einer vom Atomkrieg verwüsteten Welt kämpfen die Überlebenden für Erdöl, Mad Max ist der Held der Neuzeit. Die ganze Welt muss sich wohl oder übel im Kampf gegen das Böse vereinigen, weil die Revolution in Amerika ausbleibt“. Stanko Brkovic, Videoproduzent in Belgrad

„Ich dachte immer, dass die Figur des Big Brother aus ‚1984‘ von George Orwell durch einen Militärputsch oder einen Einmarsch seiner Truppen in ein fremdes Land an die Macht kommt. Jetzt aber ist es ihm gelungen, auf demokratischen Wegen zur Macht zu kommen. Auch dachte ich bislang, dass sich eine starke Polarisierung der Gesellschaft vor allem in anderen politischen Systemen findet, die Demokratie hielt ich für immun, aber die USA sind derzeit extrem polarisiert.“ Andres Criscaut, 33, Pressesprecher, Buenos Aires

„Mir tut es um die Amerikaner leid. Für uns in Israel ist es vielleicht sogar gut, dass Bush wiedergewählt wurde. Aber für die Amerikaner? Die sind sowieso schon so ein meschugges Volk, da brauchen sie noch so einen Präsidenten? Er war niemals im Ausland, bevor er Präsident wurde, verfügt über ein Allgemeinwissen, das gegen null geht, ein Mensch, der den Islam dämonisiert, ein christlicher Fundamentalist, der gegen Abtreibung und Homosexuelle wettert. Ich finde es beängstigend, dass die Welt von so einem Mann beherrscht werden soll. Ja, Bush hält zu Israel, aber in meinen Augen ist das eine sehr problematische Freundschaft.“ Alona Friedmann, 32,Rechtsanwältin, Jerusalem

„Die meisten Iraker scheren sich nicht darum, ob Bush oder Kerry die nächsten Jahre im Weißen Haus sitzt. Es gibt aber auch welche, die hoffen, dass Bush sich in seiner zweiten Amtszeit von seinen neokonservativen Beratern löst und das macht, was Kerry in seinem Wahlkampf vorgeschlagen hat, und die Europäer mehr im Irak engagiert, um so zu einer ausgewogeneren Politik zu kommen. Ich wünschte, die hätten Recht, aber ich fürchte, wir werden mehr vom selben erleben.“ Zuhair R., Übersetzer Bagdad

„Ich mach mir Sorgen. Als Marokkanerin in Spanien habe ich es eh nicht leicht. Was in der arabischen Welt passiert, hat direkte Auswirkungen auf uns hier. Wenn wir ausgehen, wenn wir reisen. Das wird sicher jetzt noch schlimmer. Schließlich hat das amerikanische Volk Bushs Kriegspolitik in Afghanistan und im Irak abgesegnet. Ich brauche Frieden zum Leben.“ Sakina Soulaimani, 40, Sozialarbeiterin, Madrid

„Ich bin enttäuscht, weil Kerry eine globalere Sicht hatte. Jetzt drohen uns in China erneute Provokationen durch Taiwan und Japan, die ohne die Unterstützung von Bush undenkbar wären. Für Studenten wie mich, die in den USA studieren wollen, gibt es aber wohl kaum Veränderungen: Auch Powell hat bei seinem letzten China-Besuch betont, dass er die strengen Visavorschriften, die nach dem 11. September in Kraft traten, wieder vereinfachen will.“ Tian Geng, 24, Soziologie-Student der Peking-Universität

„Bush hat sich öffentlich nie sehr kritisch über die so genannte Demokratie und Menschenrechtsverletzungen in Russland geäußert. Er hat die Augen auch vor dem Krieg in Tschetschenien verschlossen. Jetzt, da ‚unser großer Freund‘ im Krieg gegen den Terrorismus die Wahl gewonnen hat, kann Putin mit dem schweigenden Einverständnis Washingtons seine Politik fortsetzen.“ Wiktor T., 22, Student, Moskau

„Ich vermisse Bill Clinton, der ist so charmant und gut aussehend, und ab und zu einen Joint zu rauchen, lehnt er auch nicht ab.“ Orna Itamar, 38, Fotografin, Kibbuz Harel, Israel