sinti und roma
: Es wurde schon genug diskutiert

Es war gut, dass gestern auf einer Lichtung nahe dem Reichstag rund ein Dutzend alte Männer und Frauen versammelt waren, die erzählen konnten von etwas, was im Trubel der Medien- und Denkmalshauptstadt Berlin so schnell untergeht: Die versammelten Sinti und Roma berichteten von ihrem Leiden, dem Mord an ihren Verwandten und Freunden in der Nazizeit, der Bitternis eines Lebens im ständigen Kampf um Anerkennung und Achtung, auch nach dem Krieg. Um sie und ihre Lieben ging es – und man fragt sich, ob Politik-Profis wie die Kulturstaatsministerin Christina Weiss das nicht vielleicht vergessen haben.

Kommentar von PHILIPP GESSLER

Ein Denkmal soll entstehen für die ermordeten Sinti und Roma, und schwer verständlich ist, dass der Streit darüber so heftig ist, vor allem der Kampf um die Worte, die auf dem Mahnmal zu lesen sein sollen. Ob „Zigeuner“ oder „Sinti und Roma“ – es geht ja nur um Worte, denkt man zuerst, aber dann wird klar: Es waren Worte, mit denen die Ausgrenzung begann, die in Auschwitz endete. Vielleicht kann das am Ende nur wirklich ermessen, wer dies selbst erlebt hat.

Umso unverständlicher, dass die Ministerin darauf beharrt, erst ein Symposium solle klären, welche Inschrift das Denkmal haben soll. Es mag wissenschaftlich vielleicht sogar wahr sein, dass der Begriff „Sinti und Roma“ in diesem Fall nicht ganz exakt ist – aber kommt es nicht einer Demütigung nahe, Forscher über diese Frage fachsimpeln zu lassen, wenn die meisten Opfer ihre Wahl schon getroffen haben und nur wenige auf dem belasteten, jedoch angeblich genaueren Begriff „Zigeuner“ beharren?

Ein Symposium mag lehrreich sein, da es nochmals die Untaten der Nazis aufdeckt. Wenn ein solcher Kongress aber die Gefühle der Überlebenden verletzt, ist er schädlich. Diskutiert worden ist genug. Die Sinti und Roma warten schon viel zu lange auf eine öffentliche Anerkennung ihrer Leiden. Das Denkmal muss her, auch ohne Symposium.