schmickler macht ernst
: Kölsche Dschungelbröder

WILFRIED SCHMICKLER: Der Mann mit der Axt holzt für die taz

Heute Abend ist es endlich so weit: zwei elendig lange Wochen der quälenden Ungewissheit und des Wartens gehen zu Ende. Denn heute Abend wird sie endgültig geklärt – die Frage, die Millionen von Deutschen seit 14 Tagen nicht nur den Schlaf, sondern auch den letzten Nerv raubt: Wer wird Nachfolger des legendären Gaga-Griechen Quanta Costa Cordalis? Wer wird der neue König im Dschungel-Affen-Camp?

Dschungel Camp, Sie wissen schon, das ist diese Sendung, die, obwohl sie keiner guckt, alle gesehen haben. Das ist schon irre: Sechs Millionen Zuschauer und keiner will's gewesen sein. „Nein, so einen Quatsch guck ich mir doch nicht an. Zum Beispiel gestern Abend, das war doch wieder einmal unter aller Sau!“

Genau! Wenn der Endemol-Boss Boris Brandt im Vorfeld versprochen hat, mit diesem Fäkal-Format alle Ekel-Rekorde zu brechen, dann hat der Boris Brandt nicht zuviel versprochen. Lebende Nashornkäferlarven fressen, dicke, glitschige Känguru-Hoden lutschen und anschließend die ganzen Leckereien in die laufenden Kameras kotzen – Buääh! Das ist ja so was von ekelhaft. Ich kann gar nicht mehr weggucken.

Und wer führt sie an, die Dschungel-Schwachmaten-Parade? Natürlich ein Kölner! Dicki Quicki Bach, die alte Kirmeskugel, der das Ganze mit Sonja, der Mensch gewordenen Knickebein-Praline, moderiert. Wobei ich mir nicht sicher bin, was ich widerwärtiger finde: den würdelosen Affentanz der Camp-Insassen oder die menschenverachtende Häme dieser beiden Dschungel-Parasiten. Aber das ist ja der Sinn der Sache. Dass mir speiübel wird im Fernsehsessel.

Apropos speiübel – ich hätte da eine Bomben-Idee für eine 1A shocking Horror-Doku-Soap. Titel: Die Koalition. Live aus Köln. Einfach in den diversen Parteizentralen ein paar Kameras montieren, non-stop draufhalten und ungeschnitten senden.

Gespräche platzen, bevor sie geführt werden, hinter verschlossenen Türen werden Hintertürchen gezimmert und in den Schmollwinkeln hocken die Bedenkenträger und fordern klare Zeichen gegen die größtmögliche Scheiße. Da sagt der Schramma hüh, und der Börschi sagt hott und die Moritz sagt: oh Gott oh Gott! Und dann ist der Blömer raus und der Sterck ist vergrätzt und dann wird rund um die Uhr dagegen geschwätzt. Morgens Hürten und Beck gegen Moritz und Frank, Mittags Bietmann und Müller gegen Börschel und Ott, Abends Hinz und Kunz gegen Plüsch und Plumm, und nachts geht wieder der geistige Plumpsack um. Mit der Mitte gestalten, ohne Ränder verwalten, mit den alten Gestalten schalten und walten, und jeder stößt in ein anderes Horn, und dann geht's auf der Stelle rückwärts durch die Mitte nach vorn.

Die Fraktionsverhandlungen als Echtzeit-Doku-Soap. Ein Wahnsinns-Format. Fehlt eigentlich nur ein Sendeplatz. Wie wär's mit dem Kinderkanal?