Die Denker hinter den Dialogen

Die Filmschule Hamburg Berlin bildet Drehbuchautoren aus. Nur wenige Talente schaffen die Eingangsprüfung. Nach der praxisnahen Ausbildung gelingt es den meisten Absolventen, sich auf dem Autorenmarkt zu behaupten

„Die Teilnehmer dürfen in ihren Texten nicht noch einmal erzählen, was man in den Bildern sieht“

von Kirsten Poneß

„Du schenkst mir einen Stern mit der Message ‚Love‘?“ fragt sie. „Ja, mache ich“, sagt er. Fast wie im wirklichen Leben, denkt sich so mancher Vorabendserienfan. Das alles nur ausgedacht ist, weiß er aber auch. Nur wer macht sich denn schon Gedanken über die, die hinter den Phantasiedialogen stecken?

Drehbuchautoren legen den Figuren Worte in den Mund, lassen sie nach ihren Wünschen handeln. Das ist eine Kunst. Die Autorenschule der Filmschule Hamburg Berlin hilft, das Handwerkszeug dafür zu erlernen. Die Fortbildung zum Drehbuchautor wendet sich vor allem an Bewerber mit professioneller Schreib–erfahrung.

Jedes Jahr werden aus rund hundert Bewerbern zwölf Talente ausgewählt, die innerhalb eines Jahres ein Drehbuch für Film und Fernsehen entwickeln. Mit ihrer schriftlichen Filmidee, einem Exposé zu einer bestimmten Fragestellung und einer Dialogszene bewerben sich die Kandidaten. Danach folgt ein persönliches Gespräch. „Wir wollen herausfinden, ob die Person auch wirklich Drehbuchautor werden will, oder es nur als Hobby versteht“, sagt Karin Dehnbostel, Leiterin der Filmschule Hamburg Berlin.

Voraussetzung für die Aufnahme an der Schule ist neben dem Schreibtalent vor allem „die Fähigkeit für ein visuelles Medium schreiben zu können“, so Dehnbostel. „Die Teilnehmer dürfen in ihren Texten nicht noch einmal erzählen, was man in den Bildern sieht.“

Vier Männer und acht Frauen zwischen Ende zwanzig und Mitte dreißig sitzen im Seminarraum des Filmhauses, einem Fabrikgebäude unweit der Zeise Kinos in Altona. Sie haben ihr Ziel erreicht und einen der begehrten Plätze des diesjährigen Lehrgangs ergattert. Während sie an ihrem Drehbuch schreiben, werden sie theoretisch und praktisch geschult. Es gibt 28 Seminartage in sechs Blöcken. Dazwischen müssen die angehenden Autoren Gelerntes umsetzen. Nach jeder größeren Einheit folgt ein Gespräch mit dem eigenen Tutor. Die Betreuer kommen von verschiedenen Produktionsfirmen, die am Ende auch für die Umsetzung des Films verantwortlich sind.

Sascha Borée, (28), freier Journalist, gesteht: „Es ist gut, dass wir hier den Druck haben. Verschiedene Arbeitsschritte müssen zu bestimmten Zeiten fertig sein. Jemandem wie mir, der nicht so diszipliniert ist, fällt es so leichter, dabei zu bleiben.“ Das Prinzip der Schule kommt also an. „Abbrecher“, bestätigt Karin Dehnbostel stolz, „hat es bis jetzt noch nicht gegeben.“

Und es liegt nicht an hohen Kosten, die die Teilnehmer bewegen, weiterzumachen. Denn die Gebühren für den Kurs sind nicht hoch (siehe Kasten). Die Medienstiftung Hamburg übernimmt zum größten Teil die Förderung des Projektes. Dazu kommen 40 Prozent Gelder von Sponsoren. Diese sind vorwiegend Filmproduktionsfirmen und Sender, die auch während des Lehrgangs über ihre Arbeit Veranstaltungen abhalten.

Am Ende der Ausbildung werden Vetreter der Filmbranche zur Abschlussveranstaltung ins monsun theater geladen. Alle frisch gebackenen Autoren des Jahrgangs präsentieren dort ihre Drehbücher. Dafür werden sie vorher extra in der Einheit „Pitching“ geschult. Nicht selten ergeben sich danach Aufträge für die Schüler. „Zwei Drittel eines Jahrgangs schaffen es, auf den Markt zu kommen“, versichert Leiterin Dehnbostel.

Der Markt für Drehbuchautoren ist schwierig. Das weiß auch die 29-jährige Schauspielerin Melanie Rohde: „Ich komme aus Berlin, da schreibt doch jeder irgendwie nebenbei ein Buch oder Drehbuch“, erzählt die Darstellerin, auch bekannt als Hanna van der Looh aus der Serie Marienhof. „Aber hier wird man bei seiner Idee unterstützt. Man weiß, dass das Drehbuch am Ende wirklich produziert wird und nicht in einem Stapel untergeht.“ Der große Vorteil der Autorenschule liegt in der Nähe zur Branche. „Wir erfahren hier, wie der Markt aussieht,“ sagt Journalist Sascha Borée, „wir bekommen mit, wo genau man noch Chancen hat oder wo man es gar nicht erst versuchen braucht.“

Alle TeilnehmerInnen schreiben Drehbücher für 90-minütige TV-Spielfilme. Auch werden sie im Serienschreiben geschult. „Das ist nichts für mich“, sagt eine Schülerin nach einem Informationsseminar mit Dramaturg Dietmar Hammer von Grundy/UFA. Doch vielleicht muss sie ihre Meinung zukünftig noch ändern. Der Bedarf an Serienautoren wächst. Karin Dehnbostel geht davon aus, dass sich die TV- Produktion immer weiter verlagere. „Als wir vor vier Jahren mit der Autorenschule anfingen, gab es noch 300 TV-Filme à 90 Minuten. Heute sind es nur noch die Hälfte. Der Rest sind Serien und ähnliche Formate.“

Melanie alias Hanna hätte also gute Chancen, nach Abschluss der Filmschule ihre Dialoge für den Marienhof selbst schreiben zu können.