DIE EU-KOMMISSION GEHT LEICHT VERÄNDERT AN DEN START
: Mehr war nicht drin

Wer danach sucht, wird in dieser Suppe viele Haare finden. Die holländische Regierung hat stur auf ihrer Kandidatin Neelie Kroes beharrt und damit das wichtige Wettbewerbsressort dramatisch geschwächt. Für Umweltbelange soll der Grieche Stavros Dimas zuständig sein, der schon in seiner Anhörung deutlich gemacht hat, dass sein Hauptinteresse der Wirtschaft gilt. Bewirkt hat der ganze Aufstand im Parlament nur eines: Dass der italienische Katholik Rocco Buttiglione gehen musste, weil er Gewissensfragen ehrlich beantwortete.

Man kann die neue Lage aber auch ganz anders beurteilen. Zur allgemeinen Überraschung hat das Parlament aus der Befragung der Kandidaten Konsequenzen gezogen. Die häufig gestellte Frage, warum gut bezahlte und sehr beschäftigte Politiker viele Stunden damit verbringen, Barrosos neuem Team auf den Zahn zu fühlen, hat eine befriedigende Antwort gefunden. Wir alle kennen die Neuen nun besser und wissen, worauf wir achten müssen.

Neelie Kroes wird keinen Aktenordner in die Hand nehmen können, ohne dass der zuständige Parlamentsausschuss und eine kritische Öffentlichkeit die Frage stellt, ob sie im Aufsichtsrat der betroffenen Firmen gute Freunde hat. Und Stavros Dimas wird zu beweisen suchen, dass ihm der Umweltschutz am Herzen liegt. Rocco Buttiglione aber, der Überzeugungstäter, ist nicht tragbar. Das Parlament glaubt nicht, dass sein Defizit durch einen simplen Rollentausch oder bessere Überwachung zu beheben wäre. Auch das ist eine deutliche Botschaft dieser Affäre: Fundamentalchristen haben keinen Platz in der europäischen Politik.

Das Parlament ist in diesen Tagen erwachsener geworden. Es hat gezeigt, dass es nicht machtlos ist und zugleich seine eigenen Grenzen einkalkuliert. Mehr Zugeständnisse waren bei den Regierungen nicht drin. Die Kommission ist der große Verlierer. Barroso hat den Nimbus des Verlegenheitskandidaten, der sich als Geheimtipp entpuppt, schon wieder eingebüßt. Dazu ist deutlich geworden, dass gleich mehrere lahme Enten in seinem Team mitschwimmen. Dem Rat kann das nur recht sein. Er muss sich mahnende Worte aus Brüssel weniger als bisher zu Herzen nehmen.

DANIELA WEINGÄRTNER