Bonner siegen im Vorhof zur Hölle

Die Telekom Baskets Bonn bleiben nach dem Sieg über Meister Alba Berlin Tabellenführer. Der siebenmalige Meister konnte seit drei Jahren nicht mehr in Bonn gewinnen. Schuld ist vor allem der infernalische Auftritt der Margenata-Fans

BONN taz ■ Der triste Depressions-Monat November lädt traditionell zu düsteren Gedanken ein. Es kann vorkommen, dass man sich einfach mal so ausmalt, wie es in der Hölle aussehen könnte. Eine Option wäre diese: Ein Basketballer muss bis alle Ewigkeit in einer engen, heißen und lauten Halle voller Menschen spielen, die vornehmlich in schreiendem Magenta einkleidet sind. Egal, was der Spieler tut, er wird ohne Ende ausgepfiffen, ausgebuht, geschmäht. Alles, was seine Gegenspieler tun, wird dagegen bejubelt, beklatscht. Mit viel Pathos und Hingabe.

Ungefähr so geht es meist in derBonner Hardtberghalle zu. Man kann in dieser irdischen Vorhölle als Gastmannschaft leicht die Nerven verlieren. So erging es wieder einmal den Profis des siebenmaligen Meisters Alba Berlin, die den Telekom Baskets Bonn am Samstagabend im Spitzenspiel der Basketball-Bundesliga mit 75:76 unterlegen waren. Die euphorischen 3.500 Zuschauer in der ausverkauften Schulsporthalle klinkten völlig aus, als der Berliner Aufbauspieler Gerald Brown im letzten Angriff sechs Sekunden vor Spielende einen Zwei-Punkte-Wurf annahm. Es wäre der Sieg für Alba gewesen, doch Brown warf ungenau, der Ball sprang vom Korb zurück ins Feld. Bonn siegte und blieb damit als einzige Mannschaft der gesamten Liga auch im fünften Saisonspiel ungeschlagen. Albas traurige Bilanz: Seit drei Jahren hat Berlin nicht mehr in Bonn gewonnen.

Berlins bosnischer Trainer Emir Mutapcic, der besonders in der Schlussphase der Partie wild am Seitenrand herumgehüpft war, sah völlig ausgelaugt aus. In schleppender Rede resümierte er: „Es war ärgerlich, wir haben uns ins Spiel gekämpft und haben doch verloren. Den erarbeiteten mentalen Vorteil haben wir wieder verschenkt.“

Alba hatte große Mühe, ins Spiel zu kommen. Die Baskets traten selbstbewusst auf, spielten schnell nach vorn und verteidigten konzentriert. Dagegen fand Meisterschaftsfavorit Alba zunächst kein Mittel. Der starke Bonner Altron Jackson, mit 22 Punkten neben Branko Milisavljevic bester Werfer der Baskets, brachte sein Team in vier Minuten mit 5:0 in Führung, Aleksander Djuric erhöhte gar auf 7:0. Es vergingen fast fünf Minuten, bis Alba erstmals durch einen Dreier von Nationalspieler Nino Garris punktete. In der 12. Minute ging Bonn sogar mit 15 Punkten in Führung. Berlin zeigte anschließend zwar weiter Schwächen, kämpfte sich trotzdem zurück – vor allem dank des überragenden Centerspielers Jovo Stanojevic. Mit 29 Punkten war der Serbe Topscorer der Partie, dazu holte er zehn Rebounds. In der ersten Halbzeit machte er 17 der 35 Berliner Punkte. „Jovo hielt uns im Spiel“, sagte Teammanager Henning Harnisch.

Das Problem war nur: Während die Bonner sich als geschlossene Mannschaft präsentierten, lebte das Spiel der Berliner zu sehr von Stanojevic. Zu Beginn des dritten Viertels ging Alba erstmals in Führung, Bonn zeigte in dieser Phase Schwächen in der Verteidigung. Alba hätte das Spiel kippen können, doch stattdessen verfielen die Berliner in Hektik. Bonns Trainer Predrag Krunic führte dies, sicher zu Recht, auf die Atmosphäre in der Halle zurück. Hinzu kam: In der gesamten Partie verwandelten die fahrigen Berliner zahlreiche leichte Möglichkeiten nicht. Von den Dreipunktewürfen trafen sie lediglich 24 Prozent, die Bonner immerhin 33 Prozent. „Wir haben mit mehr Herz gespielt und so ein europäisches Spitzenteam geschlagen“ sagte Milisavljevic. Und natürlich lobte er auch das fantastische Bonner Publikum. Himmel und Hölle liegen oft so nah zusammen. CHRISTIANE MITATSELIS