Chemiepark Marl
: Kontaminierte Lebensqualität

Wenn Politiker das Wort Arbeitsplätze hören, dann setzt bei ihnen wohl unmittelbar das Gehirn aus. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie einer West-Erweiterung des Chemieparks in Marl zustimmen, obwohl der Standort selbst noch 60 Hektar für neue Investoren anbietet. Das sind fast 10 Prozent der Gesamtfläche des Chemieparks.

KOMMENTAR VONPETER ORTMANN

Sollte sich das Argument des grünen Ratsherren Paul Wagner bewahrheiten, dass nur erweitert werde, weil die Sanierung der kontaminierten Flächen innerhalb des Parks zu teuer sei, dann macht die Zerstörung der Schlenke-Siedlung nicht nur keinen Sinn, sie wäre verwerflich. Denn anders als in den Braunkohle-Zonen im Rheinland kann hier kein öffentliches Interesse unterstellt werden, Enteignungen wären juristisch nicht durchsetzbar.

Bliebe noch die Flut an neuen Arbeitsplätzen, die Konzerne gerne ankündigen, aber meist nie installieren. Ihnen geht es in der Hauptsache um billiges Bauland, zusätzliche staatliche Subventionen und die Möglichkeit, kaum Steuern auf ihren Gewinn zu bezahlen. Die urbane Entwicklung einer Region interessiert sie dabei nicht. Insofern sind die Zahlen in Marl nichts weiter als Absichtserklärungen. Wenn jetzt auch noch die Bürgermeisterin der Stadt mit dem Chemiepark gemeinsame Sache gegen Bürgerinteressen macht, sollten alle Alarmglocken schrillen. Noch mehr kontaminierte Böden braucht hier eigentlich niemand.