Betreuung von Einwanderern gefährdet

Wohlfahrtsverbände im Ruhrgebiet kündigen Stellenabbau bei der Betreuung von Einwanderern an. Sie reagieren damit auf Pläne des Bundes, ihre Zuschüsse um 25 Prozent zu kürzen. Ein CDUler kämpft gegen die Streichung

RUHR taz ■ Einwanderer und Flüchtlinge im Ruhrgebiet könnten bald ohne Beratung dastehen. Der Bund plant, seine Mittel für Integration von 28 Millionen auf 21 Millionen Euro zu kürzen. Die Wohlfahrtsverbände im Revier sehen sich im Falle dieser 25-prozentigen Senkung der Zuschüsse genötigt, Stellen abzubauen.

Für mehr Integrationsgelder kämpft ausgerechnet ein CDUler. Der Recklinghäuser Bundesabgeordnete Erwin Marschewski, Vorsitzender der Arbeitsgruppe „Vertriebene und Flüchtlinge“ seiner Fraktion, sagt: „Was Rot-Grün als neue Schwerpunktsetzung bezeichnet, ist nichts anderes als eine Kahlschlagpolitik bei der erfolgreichen Integrationsarbeit.“ Im ersten Jahr des Zuwanderungsgesetzes breche die Bundesregierung mit dem wesentlichen Ziel des Gesetzes, Aussiedler und Ausländer stärker integrieren zu wollen, so Marschewski. Für einen besonders schweren Fehler halte er „die Mittel für die Integration der deutschen Spätaussiedler um 25 Prozent kürzen zu wollen“.

Im neuen Zuwanderungsgesetz ist die Zusammenlegung der Integrationsmaßnahmen für Spätaussiedler, Familiennachzug und jüdische Kontingentflüchtlinge vorgesehen. Das sind in NRW etwa 35.000 Neuankömmlinge im Jahr. „Die Gleichbehandlung ist prinzipiell zu begrüßen“, sagt Hans-Jürgen Hecker, zuständig für Migrantenbetreuung beim Roten Kreuz (DRK) in Westfalen-Lippe. „Alle Menschen, die hier ankommen, haben die gleichen Probleme.“ Neben Sprach- und so genannten Orientierungskursen, die ab 2005 zur Pflicht werden, sei deshalb eine sozialpädagogische Begleitung für die Integration der Einwanderer immens wichtig. Wie sich die vorgesehenen Kürzungen des Bundes auf die Erstberatung der Migranten beim DRK auswirken werden, kann er noch nicht einschätzen. „Ich will nicht ausschließen, dass auch wir Stellen abbauen müssen.“

Die Caritas fühlt sich besonders gebeutelt durch die angekündigten Kürzungen: „AWO und DRK kommen ja noch ganz gut weg“, sagt Sprecher Rudi Löffelsend. Die Kirchen seien von Kürzungen viel mehr betroffen, weil sie nicht so hoch bezuschusst würden. Aufgrund sinkender staatlicher Zuschüsse und Kirchensteuern habe die Caritas bereits in diesem Jahr viele Beratungsstellen für Migranten schließen müssen. „Wenn der Bund seine Kürzungen wahr macht, ist jede zweite Stelle gefährdet.“

So dramatisch sieht seine evangelische Kollegin Maria Loheide die Lage nicht, aber auch sie kann Stellenkürzungen nicht ganz ausschließen. Engpässe ließen sich jedoch vermeiden, wenn sich die länger ansässigen Nicht-Deutschen an reguläre Beratungsstellen wenden könnten, so Loheide. „Wir müssen die Erziehungs- oder Partnerberatung für Migranten öffnen.“ Doch dazu fehle es in den meisten Einrichtungen an interkultureller Kompetenz.

Dass dies so sei, läge auch an den Institutionen selbst, sagt die Migrationsexpertin der Grünen-Fraktion im Landtag, Sybille Haußmann. „Die Kirchen sollen endlich muslimische Mitarbeiter einstellen“, sagt sie. Was die geplanten Kürzungen der Gelder für die Betreuung von Migranten anginge, versuchten ihre Kollegen in Berlin, „alles zu tun, um das zu verhindern“. Falls die Kürzungen durchkämen, müsse man über eine Finanzierung der Betreuung über den Nachtragshaushalt nachdenken. Doch davon will die Landesregierung nichts wissen. „Das ist erst einmal ein Sache zwischen dem Bund und den Trägern“, sagt ein Ministeriumssprecher.

NATALIE WIESMANN