In rasender Geschwindigkeit

Wilfried Schmickler bedankt sich in seinem neuen Soloprogramm bei den Stofflieferanten der Kabarettisten: Politikern, Spießern, Gastrokritikern. Virtuos, pointiert – und wahnsinnig schnell

Von Jürgen Schön

Auf die Knie fällt Kabarettist Wilfried Schmickler vor Dankbarkeit zwar nicht. Dafür singt er aber voller Inbrunst das alte religiöse „Danke“-Erweckungslied und sagt Danke für all das, dem er und seine Kollegen ihren Stoff verdanken: den politischen Schweinereien, den „Reform“-Prozessen, der Arbeitslosigkeit. Danke für die Angst vor freilaufenden Oberbürgermeistern und Schlaglöchern, vor dummen Kindern und schiefen Kirchtürmen. Überhaupt Danke für den Angstschweiß, in dem das Volk ertrinkt. Und schließlich: „Danke für den Arbeitsplatz, es geht auch ohne Lohn.“ In seinem neuen Soloprogramm „Danke!“ nimmt der taz-Kolumnist flächendeckend deutsche Politik, deutschen Alltag und deutsches Spießertum unter Beschuss.

Voll Wut ist Schmickler auf die Ungerechtigkeiten dieser Welt. Doch lässt er sein Publikum damit nicht allein, sondern erlöst es durch Lachen. In atemberaubenden Wortketten kommt er vom Hölzchen aufs Stöckchen, hangelt sich an Alliterationen und Assoziationsketten entlang und landet bei überraschenden Pointen. Das Ganze oft in atemberaubender Geschwindigkeit, ohne Atemholen und ohne Zungenknoten. Da kann mancher Zuhörer nur mit Schwierigkeiten folgen. Doch bei wunderschönen Songs, mit rauher Stimme vorgetragen, gibt es immer wieder kleine Erholungspausen.

Schmickler schont nichts und niemanden. Nicht die Amis, den Kanzler, Angela Merkel, die zu „Fischerchören“ mutierten Grünen. Das intellektuelle Wortspiel kontert er mit derben Kalauern. Er führt das Publikum aufs Eis und schreckt nicht davor zurück, es Richtung Wasserloch zu schubsen – in der Hoffnung, dass es sich in letzter Sekunde durch plötzliche Selbsterkenntnis rettet. Wenn ihm das gelungen ist, merkt man ihm die Freude über den gelungenen Streich an.

Nicht nur die „Großen“ nimmt er sich vor, auch den „Normalo“ in seiner männlichen Erscheinungsform und dessen Träume. Etwa den Mann als Gastrokritiker. Genüsslich seziert Schmickler die Fresstipps in alternativen Stadtmagazinen und entlarvt die Ergüsse der „Verdauungspoeten“ als versteckte pornografische Erzählungen. Bei allem, auch selbstkritischen Spott über die zu „Weicheiern in Männerkrabbelgruppen mutierten Recken“ hat er auch Mitleid mit ihnen: Unüberschaubar ist die Zahl der Zeitschriften geworden, die dem Mann sagen, welches Rollenbild er gerade erfüllen und nach welchem Parfüm er riechen muss.

Am Ende landet Schmickler beim weihnachtlichen Kaufrausch und dem sentimentalen Feiern mit vergeblicher Hoffnung. „Nirgends kommt ein Heiland auf die Welt“, weiß er – aber vielleicht ist er selber einer? Denn als Schlusspointe empfiehlt er sich als Weihnachtsgeschenk. Wenn er sein Programm „Danke!“ mitbringt, ist er jederzeit willkommen, die von ihm so geliebte Currywurst halten wir schon mal bereit.

„Danke!“: Noch bis 11. November, jeweils 20 Uhr, Comedia, Löwengasse 7, Köln, Tel. 0221/399 60 10