Für Studenten fährt der Zug ab

Heute entscheiden die Studierenden der TU, ob sie das verteuerte Semesterticket annehmen wollen. Der Asta hofft auf ein Nein und setzt auf Neuverhandlungen. VBB bleibt bockig und lehnt diese ab

VON TORBEN IBS

Der Streit um das Semesterticket geht in eine neue Runde. Nachdem die Studenten der Freien und der Humboldt-Universität bereits im Sommer die Vorschläge des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB) abgelehnt hatten, beginnt heute die Urabstimmung über die Fortführung des Semestertickets an der Technischen Universität (TU). Bis Donnerstag dürfen die rund 30.000 Studierenden darüber entscheiden, ob sie einer Preiserhöhung von derzeit 115 auf 141 Euro zustimmen sollen. Eine Ablehnung hieße wohl, dass es ab Sommersemester 2005 gar kein Semesterticket mehr geben wird. Aber auch, dass die Studierenden der drei großen Unis an einem Strang ziehen.

Wie schon der Asta der Freien Universität und der ReferentInnenrat der Humboldt-Uni fordert auch der Asta der TU seine Kommilitonen auf, mit Nein zu stimmen, der Preis sei einfach zu hoch. „Vereinbart mit dem VBB war eine Kostenneutralität des Semestertickets für die Verkehrsbetriebe“, begründet Claus Colloseus, TU-Student und Mitglied des Semesterticket-Ausschusses, seine ablehnende Haltung. Er findet unerhört, dass der VBB mit dem vorliegenden Angebot einen jährlichen Gewinn von rund sechs Millionen Euro machen möchte. Doch der VBB bestreitet dies. Sprecherin Gabriele Mittag behauptet, dass der vorgeschlagene Preis „umsatzneutral“ sei. Selbst das Ticket für Sozialhilfeempfänger sei teurer.

Die Summe von 141 Euro beruht auf einem Gutachten, das der VBB Anfang dieses Jahres in Auftrag gegeben hatte. Das Gutachten sollte ursprünglich vom VBB und Semtix, der Länderkoordinationsgruppe der Berliner ASten für das Semesterticket, gemeinsam eingeholt werden. Doch die beiden Parteien konnten sich nicht auf die Bewertungskriterien einigen. Daraufhin beauftragte der VBB kurzerhand selbst einen Gutachter. Und zwar ausgerechnet den, den zuvor auch die Studierenden gebilligt hatten. Er errechnete den Preis von 141 Euro.

Diese Zahl wollten die Semtix-Vertreter auf keinen Fall akzeptieren und entwickelten ein Gegenmodell. Ihr Ergebnis: 118,50 Euro seien umsatzneutral. Diese Summe haben sie nun mit zur Abstimmung auf den Stimmzettel gedruckt, verknüpft mit der Frage, ob die Studierendenvertreter erneut mit dem VBB in Verhandlung treten sollen. Für diese Option hatten sich auch die Studierenden der FU, HU und der Hochschule für Wirtschaft und Arbeit (FHWA) entschieden. Nur die Studenten an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege (FHVR) haben bisher Nägel mit Köpfen gemacht und das Semesterticket angenommen (siehe Interview).

„Dabei war der studentische Vorschlag niemals Verhandlungsgrundlage“, kritisiert Jutta Matuscheck, verkehrspolitische Sprecherin der PDS im Abgeordnetenhaus, das Vorgehen der TU-Studierenden. Mit diesem zweiten Antrag hätten sie nur Chaos angerichtet, beklagt sich die PDS-Politikerin. Sie hofft, dass die TU-Studenten das Angebot des VBB annehmen. So auch Claudia Hämmerling von den Grünen. Alles andere wäre ein Fiasko. Die Senatsverwaltung hingegen hält sich bedeckt. „Wir verfolgen die Entwicklung“, hieß es dazu auf Anfrage nur lapidar.

An der FU hat der Asta deswegen eine Unterschriftenaktion begonnen. Er will den Druck auf die Politiker erhöhen, damit sie sich stärker für die Positionen der Studenten einsetzen. „Wir sind nicht bereit, alles zu akzeptieren, bloß weil der VBB als Monopolist am längeren Hebel sitzt“, sagt Ralf Hoffrogge, hochschulpolitischer Sprecher des FU-Asta: Ein Semesterticket um jeden Preis wird es nicht geben.

An der Humboldt-Uni formiert sich derweil der Widerstand gegen die Ablehnung des Semestertickets: Der CDU-nahe Studentenverband „Ring christlich-demokratischer Studierender“ (RCDS) sammelte bereits 1.300 Unterschriften, um eine neue Urabstimmung einzuberufen.