Positives Denken

Mit viel Lob versucht Bochums Trainer Peter Neururer nach dem 1:1 gegen den 1. FCK, Spieler und Fans zu motivieren

BOCHUM taz ■ Wenn am Ende eines so genannten Sechs-Punkte-Spiels nur zwei Punkte vergeben werden, heißt es in der Regel: einfach weitermachen. Das 1:1 zwischen dem VfL Bochum und dem 1. FC Kaiserslautern hilft beiden Teams insofern, als sie jetzt wohl endgültig wissen, worum es bis zum Saisonende geht: um den Klassenerhalt. Punktemäßig bringt das Unentschieden keines der Teams weiter, stattdessen wurden die Tabellenplätze in der Abstiegszone manifestiert.

Die psychologischen Nebenwirkungen des Spiels sehen ein wenig anders aus. Lauterns Trainer Kurt Jara freute sich über ein nicht verlorenes Spiel „bei einem Mitkonkurrenten“. Die Diskussionen um eine Ablösung Jaras durch den arbeitslosen Werner Lorant sollten daher eigentlich wenigstens bis zur nächsten Niederlage verstummen. Kurt Jara glaubt nicht daran: „Man kann hier nicht in Ruhe arbeiten. Ich bin am 4. Februar gekommen und stehe seit dem 6. Februar unter Beschuss.“ Nächste Woche gegen Borussia Dortmund kommt es also zum nächsten fußballerischen Krisengespräch mit Erfolgspflicht.

Jaras Gegenüber Peter Neururer freute sich nach den zuletzt desaströsen Auswärtsauftritten zumindest über das schon vor zwei Wochen gegen Mönchengladbach gezeigte kämpferische Heimgesicht seiner Mannschaft. Die daraus resultierende Hoffnung lautet, „bis zur Winterpause unbedingt 20 Punkte“ zu holen. Sonst stecke man mitten im Abstiegskampf, so Neururer. Elf Punkte sind es momentan. Bei noch fünf anstehenden Spielen, drei davon daheim, also ein durchaus realistisches Ziel, angesichts der gezeigten Saisonleistung aber wohl eher unwahrscheinlich.

Zumal die Bochumer auf dem Weg zum 20-Punkte-Plan eben wieder zwei relativ einfach zu gewinnende Zähler „verloren haben“, wie der Bochumer Torschütze Vratislav Lokvenc nach dem Spiel anmerkte. „Bis zu unserer Führung war es eigentlich ein Spiel auf ein Tor, nämlich auf meins“, fügte Lauterns Tim Wiese hinzu. Was vor allem an Lokvenc lag. Gegen seinen harmlosen Ex-Club zählte der tschechische Angreifer zu den besseren Spielern. Technisch stark und torgefährlich, nur leider, wie so häufig, etwas unglücklich. In der ersten Halbzeit scheiterte er mit einem Drehschuss am glücklich starken Tim Wiese. Die Fans feierten den vor Wochen ausgepfiffenen Lokvenc trotzdem, obwohl das Team zu diesem Zeitpunkt zurücklag.

Überhaupt scheinen Trainer und Publikum die ernste Lage endgültig erkannt zu haben. Die Mannschaft wurde 90 Minuten unterstützt, was auch Peter Neururer in der Pressekonferenz ausdrücklich hervorhob: „Trotz des erneuten Rückschlags haben sie sich vorbildlich verhalten.“ Die Publikumsschelte aus dem Rostock-Spiel war vergessen. Ein Lob nicht ohne Hintergedanken: In den nächsten Wochen brauchen der Trainer, die Mannschaft, der gesamte Klub jegliche Unterstützung, um die prekäre Situation zu überstehen.

Peter Neururer bemühte sich jedenfalls, jeden noch so kleinen positiven Ansatz zu verstärken. Ersatztorwart Christian Vander rettete in der Schlussphase zweimal gegen Lauterer Schüsse aus der Distanz und bekam das Lob seines Trainers ab. „Christian ist ins kalte Wasser geworfen worden und hat eine tadellose, besser, eine überragende Leistung gezeigt“, so Neururer. Vander löste in der ersten Halbzeit Rein van Duijnhoven ab, der sich nach einem Zusammenprall mit dem Lauterer Jochen Seitz das Knie verletzte. Seitz musste mit einer Schienbeinprellung ebenfalls vom Platz.

„Jetzt brauchen wir Punkte mehr als irgendeinen Schönheitspreis“, gibt der wiedergenesene Aleksander Knavs den Kurs der nächsten Wochen vor. Peter Neururer wurde konkreter: „Mit einem Erfolg gegen Bayern wollen wir unser Selbstvertrauen weiter aufbauen“, sagte er zum Schluss der Pressekonferenz, „nächsten Sonntag 17:30 Uhr geht es weiter.“ Und irgendwie schien in diesen Worten die in den letzten Wochen scheinbar abhanden gekommene Kampfeslust und Zuversicht des Bochumer Trainers wieder mitzuschwingen. Oder war es doch nur ein verzweifelter Versuch, sich stark zu reden? Egal, allemal besser, als den Spielbetrieb einzustellen. HOLGER PAULER