Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Auch wenn es hilflos klingt – das alte Europa kann nur versuchen, das Bush-Amerika freundlich von den größten Fehlern abzuhalten. Und es sollte sich auf die bürgerlichen Revolutionen besinnen, wenn es nach Werten sucht

taz: Was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Die Frage war schon schwieriger: Bushs Wiederwahl.

Was wird besser in dieser?

Bushs zweite Amtszeit geht dem Ende entgegen.

Und was machen wir jetzt? Hollywoodfilme und McDonald’s boykottieren?

Wir werden nicht umhin kommen, das Korn Wahrheit in der Wendung vom „alten“ Europa anzunehmen und der munter vor sich hin pubertierenden Weltmacht behutsam und machtlos Hilfen zu geben.

In den USA hat die Provinz die Metropole besiegt. Gab das schon mal – ein Imperium, das aus der Provinz regiert wurde?

Deutschland unter Kohl.

Muss man Angst vor Bush haben? Oder hat die US-Regierung, wenn auch ohne öffentlich eine Hauch von Selbstkritik zuzulassen, klammheimlich die Lehre aus dem Irakdesaster gezogen und wird sich künftig raushalten?

Das wäre zurück auf Anfang: Bushs erste Doktrin war, die Welt sich selbst zu überlassen, nachdem Clinton auf den letzten Metern Nahostlösung und Nobelpreis angestrebt hatte. Am 11. 9. havarierte auch Bushs Außennichtpolitik. Die zweite Bush-Administration wird Außenpolitik machen müssen, die sie nicht will, weil sie sie nicht kann – gruselig.

Bush hat mit christlichen Werten die Wahl gewonnen, Kerry damit verloren. Sagt uns im alten Europa das was – etwa, dass die Linke hier auch mehr mit Werten und Sinn, nicht nur mit Interessen argumentieren muss? Oder zeigt dies nur, wie völlig anders gepolt die USA mittlerweile sind?

Sehr interessanter Gedanke! Schon der Begriff „Werte“ an sich: Lehren des gemeinsamen Gedächtnisses – ist in sich bewahrend, konservativ. Nun hat die Linke wenig Bewahrenswertes übrig, das nicht mit Verweis auf den Zusammenbruch des Sozialismus zu diskreditieren wäre. Also war es, ist es ein Kampf überalterter, vor der Aufklärung wurzelnder Normen – rechts; gegen ein aktuelles Wertevakuum – links. Gemeinsamer Nenner kann die bürgerliche Revolution im alten Europa sein. Das ist natürlich noch ein Stück Weges für ein Land, das Folter praktiziert, Wahlen kaum hinbekommt und die Trennung von Staat und Kirche nicht versteht.

Ist es zu spekulativ, dass Bush 2006 wieder unfreiwillige Wahlhilfe für Schröder sein wird?

Nö.

Rot-Grün will den 3. Oktober als Feiertag nun doch behalten. Hätte uns was gefehlt ohne richtigen Nationalfeiertag?

Erstmal möchte ich abkotzen über das leider nicht mehr unter „losgöbbeln“ zu benennende Gegeifer der Westerrogowskiwelles gegen den Maifeiertag. Der ist seit 1890 „Internationaler Kampftag der Arbeiterklasse“. Wer ihn auf ’33 und seine Urheberschaft auf die Nazis verlegt, lügt dreist oder ist ungebildet, und mit einer Mischung aus beidem nach oben gekommen. Dagegen ist der 3. 10. in der Tat eine virtuelle Setzung: Kohls unter Bruch der Verfassung herbeigeführter DDR-Beitritt. Der authentische deutsche Gedenktag ist, hallo Zahlenmystiker, der 9. 11. : Abdankung des Kaisers, Ausrufung der Republik (1918), Hitlers Putschversuch (1923), „Reichskristallnacht“ (1938), Mauerfall (1989). So ein ehrlicher Tag ist aber offenbar nicht gesucht, sondern eine verdeckte Lohnsenkung wieder einmal. Neun gesetzliche Feiertage sind bundeseinheitlich – den Rest, je nach Bundesland bis zu sechs weitere, kann man gerechtigkeitshalber streichen.

Und was macht Borussia Dortmund?

Von Hitzfeld träumen. Über Toppmöller grübeln. Wegen Köppel bisschen melancholisch sein. FRAGEN: SR