Bedrohte Dreiecke

Die expressionistischen Schwestern der „Glocke“ feiern ihren Geburtstag stiller: Centauren-Apotheke und Bamberger-Haus haben Zukunftssorgen

Wenn Bremens Bauwerke Geburtstag feiern, kann die Stimmung ziemlich unterschiedlich sein. Während der 75. der „Glocke“ – trotz Geschäftsführer-Nöten – gerade mit einer prunkvollen Festwoche begangen wurde, plagen sich die zur selben Generation und Stilgruppe gehörenden Schwestern des Konzerthauses mit Zukunftssorgen: die Centauren-Apotheke und das ehemalige Kaufhaus Bamberger.

Die Apotheke feiert diese Woche ebenfalls ihre Fertigstellung 1928, während der Bau des Bamberger-Hauses erst ein Jahr später abgeschlossen wurde – technische Raffinessen wie der Einbau von Europas erster Rolltreppe kosteten Zeit. Die im Gegensatz zur „Glocke“ mit einem kräftigen Schuss klassischer Sachlichkeit gesegneten Zwillingsbauten wurden von Heinrich Behrens-Nicolai nach dem selben Muster gebaut: Über einer dreieckigen Grundfläche, spitz gewinkelt, zieht sich ein mehrstöckiger Stahlskelettbau in die Höhe, dessen vertikaler Drive durch lang gezogene Backsteinstreifen verstärkt wird. Über dem Eingang steht ein halbrunder Turm. Während dieser beim „Bamberger“ durch Kriegstreffer gekappt wurde, sitzt auf dem Apotheken-Pendant immer noch eine massive Ziegelkrone. Das Haus im Faulenquartier zeigt seine backsteinerne Schönheit ohnehin nur noch an der rückwärtigen Neuenstraße, die Apotheke hingegen blieb – bis auf den Einbau neuer Fenster – unverändert erhalten.

Trotzdem forderte die Handelskammer Anfang des Jahres, einen Abriss des seit 1993 denkmalgeschützten Gebäudes zu „enttabuisieren“, wenn es die Verkehrsführung behindere. In der Tat ist die Apotheke Teil einer verkehrsumfluteten Häuserinsel zwischen Schwachhauser Heerstraße, Dobben und Schleifmühlenweg, die dem erhöhten Schwerlastaufkommen durch den vierspurigen Ausbau der Heerstraße im Weg stehen könnte. Wenn, wie in den Koalitionsvereinbarungen vom Juni 2003 festgelegt, die derzeitige Blockumfahrung aufgehoben wird, könnte neben der Apotheke leicht eine Nadelöhr-Situation entstehen, die deren Abriss nahe legt.

Zwar verspricht Landeskonservator Georg Skalecki, sich „auf die Hinterbeine zu stellen“, wenn die Bagger drohen – trotzdem läuten bei den „Centauren“-Betreibern die Alarmglocken. Zumal sie in der Vergangenheit offenbar schlechte Erfahrungen gemacht haben, wie Apotheker Horst Bierbaum erzählt. Im vergangenen Jahr habe ihnen Helmut Pflugradt, Verkehrsdeputierter der CDU, persönlich versichert, dass kein Anlass zur Sorge bestehe. Wenig später jedoch sei er im Gestaltungsbeirat Rembertiring als vehementer Befürworter des Abrisses aufgetreten.

Für das Bamberger-Haus, dessen Grundstück Teil des neuen Medienzentrums werden soll, ist immerhin ein potenter Gratulant in Sicht: Bauunternehmer Klaus Hübotter, der bereits wichtige historische Bauten wie Villa Ichon, Schlachthof und zuletzt den Speicher XI saniert hat. Trotz seiner „argen Verschandelung“ ist es nach Hübotters Überzeugung „politisch falsch, ein altes jüdisches Kaufhaus abzureißen“.

Henning Bleyl