Verleger, konzentriert euch!

Die Kartellforderungen der Zeitungsbesitzer gefährden die Pressevielfalt

Es ist vollbracht: Deutschlands Verleger sind sich zwar nicht wirklich einig, aber für eine gemeinsame Empfehlung an den Bundeswirtschaftsminister zur Neuregelung des besonderen Kartellrechts für die Presse hat es dann doch noch gereicht. Sollte diese ins Gesetz übernommen werden, wird sich der ohnehin besorgniserregende Grad der Pressekonzentration weiter erhöhen.

Wie in Teilen der Auflage bereits berichtet, sollen nach dem Willen des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) Fusionen und Beteiligungen künftig erst dann beim Kartellamt angemeldet werden müssen, wenn die daran beteiligten Unternehmen mehr als 100 Millionen Euro Umsatz machen. Bisher liegt diese Grenze, die so genannte Presserechenklausel, mit 25 Millionen Euro deutlich niedriger. Außerdem soll die im Kartellgesetz verankerte so genannte Bagatellklausel in voller Höhe auch für Verlage gelten. Danach fände keine Kartellprüfung statt, wenn eines der beteiligten Unternehmen Umsatzerlöse von weniger als 10 Millionen Euro erzielt.

Sollte Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) diese Grenzwerte von Verlegergnaden akzeptieren, droht eine deutliche Marktbereinigung vor allem bei den kleineren und mittleren selbstständigen Zeitungen. „Wenn das durchkommt, wäre das ein Riesenschlag“, sagt der Medienexperte Horst Röper, der seit Jahren vor allem die mittelständische Verlagslandschaft beobachtet: „Viele Verleger können dann zusammenglucken, wie sie wollen. Bei einer Obergrenze von 100 Millionen Euro haben die ziemliche Möglichkeiten.“ Da die meisten Zeitungshäuser Geschäftszahlen wenn überhaupt nur höchst unvollständig veröffentlichen, gibt es keine konkreten Angaben, wie viele Verlage bei einer Neuregelung „übernahmefähig“ würden.

Mit der Empfehlung haben sich im BDZV die mittleren Unternehmen gegen die großen Medienhäuser durchgesetzt. Als im vorigen Monat dieselben Grenzwerte zur Abstimmung vorlagen, war ein einheitliches Votum noch an den Konzernen wie der WAZ-Gruppe und Holtzbrinck gescheitert. Sie hatten zunächst den völligen Wegfall besonderer Fusionsregeln für die Presse gefordert. Jetzt hat sich zwar die Verbandsmehrheit durchgesetzt. Dass sich WAZ, Springer & Co. mit dieser Regelung langfristig zufrieden geben, ist höchst unwahrscheinlich.

Dass die Neuregelung – die absurderweise bei der Bundesregierung auf viel Sympathie trifft – zum Erhalt der publizistischen Vielfalt beiträgt, wie die Verleger behaupten, ist eher auszuschließen. „Die heutige Grenze von 25 Millionen Euro bedeutet doch kein pauschales Fusionsverbot. Sondern nur, dass das Kartellamt dann genau prüft“, sagt Röper. Und Kartellamtschef Ulf Böge hatte schon zu Beginn der Debatte in einem taz-Interview erklärt, Entscheidungen oder Auflagen des Kartellamts hätten noch nie dazu geführt, dass ein wirklich gefährdeter Zeitungstitel vom Markt verschwunden wäre: „Wir können nur feststellen, dass die geltenden Regelungen funktionieren.“ STG