Ein Retter aus dem Westen für Olympia

Peter Zühlsdorff, Tengelmann-Manager, soll nach Otto Schilys Willen die Olympischen Spiele 2012 nach Leipzig holen

Jürgen Trittin hat die Tatkraft des Lobbyarbeiters Peter Zühlsdorff, 63, bei den Verhandlungen übers Dosenpfand weidlich zu spüren bekommen. Zühlsdorff, Abgesandter des Tengelmann-Konzerns, unterstellte dem Umweltminister, „noch konservativer als Chomeini“ zu sein. Zuvor hieß ihn Trittin einen „Verweigerer“. Die beiden werden keine Freunde mehr.

Indessen stehen die Chancen nicht schlecht, dass den Innenminister Otto Schily und den Entrepreneur alter Schule (Motto: „Wir müssen schlanker und schlanker werden“) künftig eine innige Freundschaft verbindet. Schily, wegen kulminierender Probleme der Leipziger Olympia-Bewerbung zum Krisenmanager wider Willen mutiert, lobte den neuen Geschäftsführer der „Leipzig 2012 GmbH“ nach einer kontrovers geführten Aufsichtsratssitzung in Rüsselsheim in allerhöchsten Tönen. Er stellte ihn als „Retter“ vor, er sei ein „Patriot der Praxis“, zudem ein „erfahrener, angesehener, hoch qualifizierter Manager“.

Schily wird heilfroh sein, den schwarzen Peter nun im Blatt eines Mannes zu wissen, der mit einer Macherattitüde aus dem Land der Bosse die Leipziger Olympiaträume beleben könnte. Diese waren bislang nicht viel mehr als eine Leistungsschau sächsischer Verfilzung.

Die Leipziger, allen voran Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee, dem keine Schuld an der Kungelei nachgewiesen werden konnte, sind in Rüsselsheim de facto entmachtet worden. Schily ist der regionale Murks ein für alle Mal zu bunt geworden. Tiefensee, der einstige Strahlemann und Chefrepräsentant der Bewerbung, durfte nicht mal an der Pressekonferenz nach der Sitzung teilnehmen.

Manager aus dem Westen übernehmen also das Ruder. Arend Oetker rückt in den Aufsichtsrat wie auch Lothar Späth (früher Jenoptik). Der ehemalige Bertelsmann-Boss Thomas Middelhoff und der Münchner Stararchitekt Bernd Rauch betätigten sich in den vergangenen Wochen als Headhunter. Sie sitzen bereits im Aufsichtsrat. Man darf gespannt sein, wie Sachsen auf die Personalentscheidungen reagiert. An Elbe, Pleiße und Schwarzer Elster ist man recht argwöhnisch gegen Neuankömmlinge, vulgo: Wessis. Skepsis kann sich allerdings niemand mehr leisten, nicht nach den Verstrickungen, denen sogar die Staatsanwaltschaft nachgeht.

Zühlsdorff stand jahrelang an der Spitze des Wella-Konzerns, setzte allerdings zu stark auf Expansion und wurde deswegen von der Besitzerfamilie entmachtet. Mittlerweile sitzt er in verschiedenen Aufsichtsräten (Merck, Escada, Salamander) und ist bei Tengelmann für das Kerngeschäft, den Lebensmittelhandel, zuständig. „Wir wollen, dass Leipzig von allen wieder als Bewerber angenommen wird“, hat Zühlsdorff nach seiner Berufung gesagt. Und auch dies ließ er wissen: Er wolle sich nicht bereichern an öffentlichem Geld. Wie auch? Er bezieht ein symbolisches Gehalt von 1 Euro – sehr zur Beruhigung von Schily.

MARKUS VÖLKER