soundtrack
:

Manche Bands haben das Pech, zwei Erstlingsalben veröffentlichen zu müssen, so zum Beispiel die aus der Republik Südafrika stammenden Dear Reader, die bereits vor drei Jahren unter dem Namen „Harris Tweed“ debütierten und sich dann aus rechtlichen Gründen einen neuen Namen suchen mussten. Und – Überraschung– während „The Younger“ noch weitgehend unterging, ist „Replace Why With Funny“ dabei, großflächig einzuschlagen. Dies hat das nominelle Duo allerdings nicht nur dem neuen Namen und einem neuen Label zu verdanken, sondern vor allem auch einer deutlich hörbaren Abstandnahme vom überproduzierten Breitband-Indierock und der gleichzeitigen Hinwendung zur derzeit angesagten Verbindung zwischen der Fragilität des Singer / Songwritings und der Theatralik des Neo-Chansons. So entstehen gut miteinander verbunden eine Handvoll schön gelüfteter Poplieder, die in ihrer Leichtigkeit an Bands wie „Cardigans“ oder „Frente“ erinnern, mit Streichern aufgeladene schwere und epische Indiesongs und fast asketisch anmutende Stücke, die ausschließlich auf Piano und der sehr klaren Stimme von Cherylin Mac Neil beruhen. Man kann sagen: ein schöner Zauber. Do, 16. 4., 20 Uhr, Molotow, Spielbudenplatz 5 Manche Bands haben Pech mit ihrer Besetzung, vielleicht liegt es aber auch an ihnen. Experimental Dental School, die Band mit dem überbordenden Namen aus Portland / USA, hat jedenfalls auf wohl jeder ihrer letzten Touren einen neuen, vertracktes Zeug spielenden Trommler präsentiert, um diesmal kurzerhand zu zweit aufzutreten, was natürlich bei einem aus Schlagzeug, Bass / Gitarre und Synthies bestehenden Line-up die berechtigte Frage aufwirft, wie das live gehen soll. Wer allerdings weiß, dass diese Gruppe sich im musikalischen Dunstkreis von Gruppen wie „Deerhoof“ und „Da Hawnay Troof“ bewegt, der wird wissen: Es wird auch hier eine irgendeine bizarre Lösung gefunden werden. Und in der Tat geht es genau darum: bizarre Lösungen finden, Experimente machen, Tanzbares mit erstarrtem Erschrecken kombinieren, No Wave, Progrock und Elektrodisco zu einem hellen Wahnsinn verdichten, dass es nur so knallt. Diese Musik ist derart lebendig und vollgestopft mit disparaten Elementen, dass man einfach nur noch freudig vor ihr kapitulieren kann, vor allem wenn sie in einem so mikroskopischen Raum wie der Astra-Stube stattfindet. Sa, 18. 4., 21 Uhr, Astra Stube, 21 Uhr, Max-Brauer-Allee 200 Die Königin des „Joke Folk“ Phoebe Kreutz ist in ihrem anderen Leben Puppenbeauftragte der Sesamstraße, hat dafür einen Emmy bekommen und widmet sich ansonsten der Herstellung von abseitigen Minimal-Pop-Kompositionen mit bösartig-liebevollen Alltagsbeobachtungen. Als wäre dies allein noch nicht abendfüllend, gesellen sich dazu die ihr musikalisch und auch ansonsten nahe stehenden Ching Chong Song, die im weitesten Sinne der vitalen New Yorker Anti-Folk-Szenerie zuzurechnen sind. Das aus dem Pianisten Daniel Gower und der Opernsängerin und Säge-Spielerin Julie La Mendola bestehende Duo erinnert allerdings doch eher an die zeitgenössische Variante einer 20er Jahre Revue en miniature, an eine Varieté aus tiefsten Tiefen, lasziven Gesten, unkonventioneller Instrumentierung und hymnischen Gesängen, deren Mainstream-Version etwa von den „Dresden Dolls“ gut bekannt ist. Manche Bands sollte man nicht verpassen. Mi 22. 4., 21 Uhr, Hasenschaukel, Silbersackstraße 17 NILS SCHUHMACHER