elfenbeinküste
: In der Logik des Krieges

Im Windschatten der Wahlen in den USA findet in der Elfenbeinküste eine dramatische Eskalation eines Konfliktes statt, der seit Jahren gärt. Regierungstruppen haben in der vergangenen Woche mehrfach Angriffe auf Stellungen der einstigen Rebellen im nördlichen Landesteil geflogen. Gleichzeitig zerstörten Milizen von Staatspräsident Gbagbo die zentralen Einrichtungen der Opposition. Letzter Schritt der Eskalation war am Samstag das Bombardement der französischen „Licorne“-Truppen in Bouaké.

KOMMENTARVON DOROTHEA HAHN

Seither befindet sich die Elfenbeinküste in der Logik des Krieges. Frankreich, die einstige Kolonialmacht, steht mittendrin. Dabei sollten die 4.000 französischen Soldaten zusammen mit 6.000 UN-Blauhelmsoldaten ursprünglich bloß für die Einhaltung des Waffenstillstandes zwischen dem Norden und Süden sorgen. Doch seit Samstag schlägt Frankreich zurück. Auf Anordnung von Staatspräsident Jacques Chirac zerstörten französische Soldaten zunächst einen Teil der Luftwaffe. Jetzt versuchen sie, die Ordnung aufrechtzuerhalten. Ihnen gegenüber stehen Hunderttausende von aufgehetzten Menschen, die „Jagd auf Franzosen“ machen.

Der ivorische Staatspräsident Laurent Gbagbo hat sämtliche Versuche sabotiert, das Land auf dem Verhandlungswege zu befrieden. Er hat sich international isoliert und sein Land immer tiefer in die Krise gestürzt. Gbagbo, einst ein geschätztes Mitglied der französischen sozialdemokratischen Partei, hat allein auf die militärische Logik gesetzt. Er wollte nicht mit den Rebellen aus dem Norden teilen, sondern sie zerschlagen.

Nun steht ein Teil der Elfenbeinküste in Flammen. Die 14.000 ortsansässigen Franzosen und andere weiße Bewohner sind zu Geiseln eines Konfliktes geworden, der sich in Windeseile zu einem Flächenbrand ausweiten kann. Die nächsten Opfer der Jagdszenen wären die Ivorer aus dem Norden sowie Millionen von Einwanderern aus den Nachbarländern. Seit zehn Jahren schürt die politische Elite den Hass untereinander.

Das absehbare Gemetzel muss verhindert werden. Wenn jetzt nicht umgehend alle ivorischen Parteien zurück an den Verhandlungstisch gezwungen werden, könnte es in Westafrika zu einem neuen gigantischen Völkermord kommen. Die einstige Kolonialmacht Frankreich kann das nicht allein regeln. Zehn Jahre nach Ruanda steht die internationale Gemeinschaft in der Pflicht einzugreifen.

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