Castor-Zug tötet Demonstrant

Erstmals ist ein Mensch bei Castor-Protesten ums Leben gekommen. Atomzug überrollt in Frankreich 21-Jährigen und trennt ihm ein Bein ab. Atomkraftgegner schockiert. Trauerfeier im Wendland

PARIS taz/afp/dpa ■ Bei den Protesten gegen den Castor-Transport aus der Wiederaufarbeitungsanlage La Hague ist erstmals ein Atomkraftgegner getötet worden. Der 21-Jährige hatte sich bei Avricourt im Elsass gemeinsam mit anderen auf die Gleise gesetzt. Der Zug mit den Castor-Behältern überrollte den Demonstranten und trennte ihm ein Bein ab, wie die Feuerwehr in Avricourt am Sonntag mitteilte. Ob er angekettet war, blieb gestern unklar. Die Rettungskräfte versuchten demnach vergeblich, ihn am Unglücksort wiederzubeleben. Der junge Mann starb auf dem Weg ins Krankenhaus. Nach Angaben der französischen Eisenbahngesellschaft (SNCF) hatte der Zugführer die Notbremse gezogen, als er Demonstranten auf den Schienen sah. Die meisten hätten sich wieder entfernt, doch einer sei sitzen geblieben. Während die Polizei von einem weiteren Verletzten sprach, sind nach anderen Angaben drei Demonstranten verletzt worden. Die französische Staatsanwaltschaft nahm noch gestern die Ermittlungen auf. Die Unfallstelle wurde vorerst abgeriegelt. Nach Angaben der SNCF setzte sich der Castor-Transport um 17.45 Uhr jedoch wieder in Bewegung. Bereits am Vormittag hatten zwei Atomkraftgegner den Castor-Transport in der Nähe von Nancy für zwei Stunden blockiert.

Die Unfallnachricht sorgte bei den Demonstranten im Wendland für Entsetzen. „So, wie geplant, kann es nicht weitergehen“, hieß es bei den Organisatoren. In einer ersten Reaktion sagten die Organisatoren die für die kommenden Tage geplanten Veranstaltungen ab, die von besonders fröhlichen und bunten Aktionen geprägt sein sollten. Eine Veranstaltung am Abend in Hitzacker wurde zur Trauerfeier erklärt. Die Grünen-Europaabgeordnete Rebecca Harms sagte, der junge Mann in Frankreich habe „ein zu großes Opfer gebracht“. Sie empfahl den Abbruch der Proteste. „Es ist nicht ratsam, jetzt noch Aktionen zu machen“, sagte die Vorkämpferin gegen das Atomlager Gorleben. „Ich denke, es ist richtig, sich nur stumm und in Trauer am Zwischenlager zu versammeln. Der Sprecher der Initiative X-tausendmal quer, Asmus Grobe, hielt einen Abbruch der Protestaktionen für „nicht wahrscheinlich“. Ausschließen wollte er dies aber dennoch nicht. Auf alle Fälle werde durch das Unglück in Frankreich „der Charakter der Proteste völlig verändert“.

Der Transport mit zwölf Behältern hochradioaktiven Mülls war am Samstagabend in Richtung des deutschen Zwischenlagers Gorleben gestartet. Ursprünglich sollte der Zug am Sonntagmittag die deutsche Grenze überqueren. Gegen den achten Castor-Transport ins Wendland hatten am Samstag nach Polizeiangaben rund 5.000 Menschen friedlich protestiert.

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