Der Traum ist aus

Viva-Gründer Gorny muss nicht mehr dementieren

Vor anderthalb Jahren hatte der Viva-Erfinder Dieter Gorny noch große Träume. In der Zeit sah sich der 51-jährige als Dirigent eines Staatsorchesters: Schily am Klavier, Eichel blies die Klarinette und Clement sorgte als „Stimmführer der Kontrabässe“ für „ungeheures Gewummer“. 16 Monate später bleibt auch dem studierten Kontrabassisten kaum mehr als das Gewummer.

Gornys Lebenswerk Viva gehört jetzt zu 97 Prozent Viacom – der US-Konzern betreibt zugleich das weltumspannende MTV-Netzwerk. Seit letzter Woche haben Manager der einstigen Erzkonkurrenz das Heft in die Hand genommen. Ex-Geschäftsführer Gorny darf für Viacom fortan „Visionen“ und „Netzwerke“ entwickeln. Zwar könnte die neue Senderfamilie den Spindoctor Gorny, Ratgeber von Clement und Bundeskanzler Schröder gut gebrauchen – doch ob der seine Verve auch für den fremdbestimmten Medienkonzern einsetzen wird, ist ungewiss.

Nach seiner Gründung 1993 war Viva das Paradepferd für die Medienpolitik der NRW-Landesregierung; der TV-Standort Köln blinkte wie eine Discokugel im Lichte der Gorny-Sender. Doch mit dem Umzug der zweiten Gorny-Erfindung ‚Popkomm‘ und deren Hauptstadtpremiere 2004 wird gemunkelt, dass auch Viva und die 540 Arbeitsplätze bald in die Hauptstadt umziehen.

Gorny wird das nicht mehr dementieren müssen: Ein „fünfköpfiges Managementteam“ um die neue Frontfrau, die MTV-Deutschland Geschäftsführerin Catherine Mühlemann, führt die Geschäfte und muss sich gleich mit der zornigen Landesregierung herum schlagen: Bei einem Viva-Umzug droht NRW-Medienstaatssekretärin Miriam Meckel bereits mit dem Entzug der regionalen Sendelizenz.

Auch der überzeugte Essener Gorny hätte sich kaum für den Standort am Rhein stark gemacht – sein Zeit-Regierungsorchester erträumte er sich übrigens in einen Jugendclub in Marzahn, Berlin. CSC