Synagogenneubau
: Längst überfälliges Signal

Die Grundsteinlegung zur neuen Synagoge in Gelsenkirchen ist ein längst überfälliges, positives Zeichen. Es ist eine Rückkehr zur Normalität, zur Selbstverständlichkeit jüdischen Lebens in Deutschland. Eine Selbstverständlichkeit, die seit der Reichspogromnacht vom neunten auf den zehnten November 1938, über die Wannseekonferenz mit dem Beschluss zur „Endlösung der Judenfrage“ bis hin zu Auschwitz und dem industriellen Massenmord an den sechs Millionen europäischen Juden systematisch vernichtet wurde.

KOMMENTAR VONHOLGER PAULER

Vor dem Nationalsozialismus gehörte jüdisches Leben zum deutschen Alltag. Später erinnerte fast nichts mehr daran. 560.000 Juden lebten im Jahre 1933 in Deutschland. Nach dem Krieg waren es noch 15.000. Ihre Synagogen waren zerstört. Wer in Deutschland nach dem Krieg aufwuchs, nahm kaum Notiz von der Religion, der Kultur, die das gesellschaftliche Leben über Jahrhunderte mitprägte.

Der Neubau jüdischer Synagogen kann zur Aufklärung, zur Normalisierung des Verhältnisses zwischen Juden und Nichtjuden vielleicht nur ein kleines Stück beitragen. Als sichtbares Symbol ist er unverzichtbar. Eine offene, gesellschaftliche Beschäftigung mit dem teils latenten, teils offen aggressiven Antisemitismus bleibt darüber hinaus weiter vonnöten. Die Auseinandersetzungen um die Neubauten in Gelsenkirchen und Bochum belegen dies leider allzu deutlich.