Neue Aufsicht auf der Baustelle

Sonderparteitag: FDP nominiert mit deutlicher Mehrheit Reinhard Soltau als Bewerber für das Amt des Bildungssenators. Gegenkandidat: „Partei nur noch Appendix“

Das war eine klare Angelegenheit: Die Hamburger FDP hatte am Samstag keine große Lust, sich der Öffentlichkeit als eine zerstrittene, personell uneinige Partei zu präsentieren. Stattdessen wurde der Schulterschluss mit ihrem neuen Bildungssenator-Kandidaten geübt. Der Landesvorsitzende Reinhard Soltau, den die Bürgerschaft am Mittwoch zum Nachfolger des zurückgetretenen Rudolf Lange wählen soll, wurde auf dem Sonderparteitag der Freidemokraten mit 94 von 106 Stimmen als Schulsenator nominiert. Die Gegenkandidatur des früheren stellvertretenden Landeschefs Joachim Sproß gehört schon fast zur Folklore von FDP-Parteitagen: Sproß konnte sechs Stimmen auf sich vereinigen, drei Delegierte enthielten sich, drei stimmten mit Nein gegen beide Bewerber.

Auch der geschasste Senator wollte an diesem Tag kein Öl ins Feuer gießen. Rudolf Lange drohte seinem potenziellen Nachfolger „volle Unterstützung“ an. Dies sei für ihn „eine pure Selbstverständlichkeit“. Lange war ganz Militär, als er feststellte: „Mir fällt es nicht schwer, ins Glied zurückzutreten.“ Anders als noch am Tag seines Rücktritts räumte er gar eigene Fehler ein, begrenzte diese jedoch auf das Feld der „Kommunikation“. Mit der vollen Unterstützung für Soltau war es aber schnell wieder vorbei, als Lange seine Kritik an den Landesvorstand mit dem Vorsitzenden Soltau richtete. Er hätte sich gewünscht, man hätte in den vergangenen Wochen „nicht über mich, sondern mit mir“ geredet, bemängelte er.

Der so Angesprochene verkniff sich am Samstag das Nachkarten und machte seinem Ruf als Integrator in der Partei alle Ehre: „Kein Bildungssenator vor Lange hat in so kurzer Zeit so viel bewegt“, lobte er seinen Vorgänger, der Vorwürfe in „sehr häufig in ausgesprochen unfairer Weise“ habe einstecken müssen. Kritik an der Amtsführung Langes deutete er lediglich an, als er feststellte, er werde „die Betroffenen und ihre Erfahrungen vor Ort in den Reformprozessen stärker einbinden“.

Zwar betonte der Kandidat, er habe nicht vorgehabt, den Landesvorsitz vorzeitig aufzugeben, wie er es als Senator nun tun muss. Doch für einen „Pädagogen und Bildungspolitiker gibt es keine reizvollere Aufgabe“ als den Job des Schulsenators, so der 62-jährige Mathematiklehrer.

Dass Soltau sich bei der Nominierungsprozedur eines Gegenkandidaten erwehren musste, hat den Parteitagsfrieden nur wenig getrübt. Wenn Sproß auch derjenige war, der am deutlichsten artikulierte, dass sich die Freidemokratische Partei „zum Appendix von CDU und Schill-Partei“ entwickelt habe. Der Landesvorstand habe dieser Entwicklung zwei Jahre lang tatenlos zugesehen. Was Lange als Reformen in der Bildung verkauft, nannte Sproß „Baustellen“. PETER AHRENS