Olaf Scholz will nicht mehr

SPD-Landesvorsitzender wird bei Neuwahlen im Mai 2004 nicht mehr antreten und sich auf seine Aufgaben in Berlin konzentrieren. Scholz beendet damit aufkeimende Personaldebatte nach dem desaströsen Bochumer Bundesparteitag

von PETER AHRENS

Die Hamburger SPD wird sich einen neuen Vorsitzenden suchen müssen. Der amtierende Parteichef Olaf Scholz wird dem Landesvorstand heute Abend mitteilen, dass er bei den anstehenden Neuwahlen im Mai kommenden Jahres nicht mehr für den Vorsitz kandidieren werde. Offiziell ist diese Entscheidung zwar noch nicht bestätigt, doch sickerte gestern aus mehreren Quellen in der Partei durch, dass Scholz sich nach dem Parteitags-Desaster von Bochum in Zukunft auf seine Arbeit als Generalsekretär der Bundespartei konzentrieren will.

Scholz will damit offenbar zudem verhindern, dass in der Landespartei eine wochenlange quälende Diskussion über seine Doppelrolle zwischen Landes- und Bundespartei ausbricht. Bereits in der Vorwoche hatte die alte Garde der SPD, allen voran Ex-Bausenator Eugen Wagner, das Feuer auf Scholz eröffnet und gefordert, der Mann müsse sich für eine Aufgabe entscheiden. Auch der Spitzenkandidat der SozialdemokratInnen für die kommende Bürgerschaftswahl, Thomas Mirow, hatte sich nicht grundsätzlich hinter einen Landesvorsitzenden Scholz gestellt, sondern lediglich auf den heutigen Vorstandstermin verwiesen. Mit dem heutigen Beschluss würde Scholz die Debatte beenden, bevor ihm möglicherweise das Heft des Handelns aus der Hand genommen würde: So gewährleistet der Landeschef, dass er auch bei der Auswahl einer NachfolgerIn das entscheidende Wort mitspricht.

Scholz-Sprecher Christoph Holstein bestätigte gestern lediglich, dass der Landesvorsitzende noch bis zum Ende seiner Amtszeit an Bord bleiben werde und sich nicht vorzeitig Richtung Berlin verabschiedet: „Scholz ist bis Mai gewählt. Wie es weitergeht, werden die zuständigen Gremien entscheiden.“

In Bochum hatte Scholz nicht nur ein verheerendes Wiederwahl-Ergebnis als Generalsekretär erzielt. Durch eine ungeschickte Parteitagstaktik war zudem der nominierte Hamburger Kandidat für die Europawahlen, Knut Fleckenstein, durchgefallen. Beides hatte in der Hamburger SPD für Unmut gesorgt. Trotzdem waren es bisher erst einzelne PolitikerInnen, unter ihnen die stellvertretende Fraktionschefin in der Bürgerschaft, Barbara Duden, gewesen, die sich aus dem Fenster gelehnt und Scholz kritisiert hatten.

In weiten Teilen der Hamburger SPD herrscht aber auch noch die Überzeugung, dass es vor allem Scholz zu verdanken ist, dass sie nach der Abwahl 2001 mittlerweile wieder einigermaßen Fuß gefasst hat. Im ersten Jahr nach dem Verlust der Senatsmacht – bevor Scholz das Amt des Generalsekretärs in Berlin übernahm – hat er Partei und Fraktion relativ geräuschlos personell umstrukturiert und auf die Opposition eingestellt. Das haben ihm viele nicht vergessen.

Ab morgen dürfte die Nachfolgediskussion losgehen. Bereits gestern wurden erste Namen gehandelt – von Barbara Duden über Scholz‘ Frau Britta Ernst bis hin zu Thomas Mirow. Selbst der frühere Parteivorsitzende Jörg Kuhbier, der sein Amt 2000 an Scholz abgegeben hatte, tauchte an der Spekulationsbörse wieder auf.

Klar ist nur: Der künftige Landeschef hätte wieder die Möglichkeit, sich auch unabhängig von der Bundespolitik zu profilieren und Landesinteressen auch gegen Bundesinteressen zu vertreten. Dies war Scholz aufgrund seiner Doppelfunktion unmöglich.