DIE AUFSTÄNDISCHEN IM IRAK WOLLEN EIN BLUTBAD PROVOZIEREN
: Es drohen viele Falludschas

Wochenlang hat sich die US-Armee darauf vorbereitet, jetzt ist die Zeit des Wartens vorbei. Die größte Schlacht der irakischen „Nachkriegszeit“ läuft. Für die einen ist Falludscha ein Schandfleck und das Hornissennest des Terrors, das endgültig beseitigt werden soll – für die anderen Symbol des Widerstands. Ohne Zweifel wird die Stadt aufgrund ihrer technologischen und militärischen Überlegenheit der USA früher oder später von den Marines erobert. Ob sich dieser militärische Erfolg dann aber auch in einen politischen Erfolg ummünzen lässt, ist eine völlig andere Frage.

Zunächst besteht die Herausforderung darin, die Stadt zu erobern, ohne dass dabei viele Zivilisten ums Leben kommen. Sollte das misslingen, würden die USA zwar über kurz oder lang Falludscha niederringen, zugleich aber im ganzen Land viele neue Falludschas schaffen. Die Rebellen wissen das. Sie werden deshalb versuchen, der US-Armee hohe Verluste zuzufügen – in der Hoffnung, dass die Amerikaner dann wild um sich schießen. Doch selbst wenn das Kunststück einer relativ unblutigen Eroberung gelingen sollte, steht eine zweite große Aufgabe an: Die Stadt muss befriedet werden. Die schwachen irakischen Institutionen sind kein Garant für den Erfolg eines solchen Unternehmens. In Samarra, das vor kurzem ohne großen Widerstand erobert wurde, herrscht heute fast ein ebenso großes Chaos wie in den Tagen, als Aufständische durch die Straßen patrouillierten.

Endgültig beurteilen lässt sich der Erfolg oder Misserfolg der Militäraktion erst am Wahltag, der nach bisheriger Planung Ende Januar stattfindet. Während die USA und die irakische Regierung in der Eroberung Falludschas eine Grundvoraussetzung für einen freien Urnengang sehen, ist beispielsweise UN-Generalsekretär Kofi Annan skeptisch. Er fürchtet, dass eine blutige Schlacht um Falludscha die Iraker weiter von der Idee der Wahlen entfremdet. Wer in dieser Beziehung Recht hat, lässt sich nicht kurzfristig entscheiden. Was aber für die gegenwärtige Schlacht gilt, ist der Grundsatz: Je schneller Erfolge gemeldet werden, umso größer sollte die Skepsis sein. KARIM EL-GAWHARY