MIT DEM LÜGENAUSSCHUSS HAT SICH DIE OPPOSITION LÄCHERLICH GEMACHT
: Verlogene Union

Jetzt steht es also fest, jedenfalls nach Ansicht der Union: Regierungspolitiker haben vor den letzten Wahlen die Lage besser dargestellt, als sie war. Was für eine Nachricht, was für eine Ungeheuerlichkeit, was für eine Überraschung! Wo man doch bisher davon ausgegangen war, dass gerade auf Wahlveranstaltungen nichts als die Wahrheit gesagt wird. Oder? Wenn CDU und CSU es als Erfolg eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses werten, dass sie herausbekommen haben, was der Rest der Bevölkerung ohnehin weiß, dann machen sie sich lächerlich. Genauso lächerlich wie SPD und Grüne, die behaupten, der Vorwurf der Täuschung habe sich in Luft augelöst.

Komisch ist der Vorgang dennoch nicht. Der Untersuchungsausschuss ist eine der schärfsten Waffen der Opposition. Er soll der Kontrolle der Regierung dienen und kann – im günstigen Fall – dazu beitragen, Missstände und Skandale aufzudecken. Schönfärberei im Wahlkampf ist kein Skandal, das ist Alltag. Wie auch die Union weiß. Wer einen Untersuchungsausschuss allein zum Zweck der Parteipropaganda einsetzt, entwertet das Instrument. Das kann sich bei einem späteren, ernsthaften Anlass noch bitter rächen.

Das Kalkül der Union ist nicht einmal aufgegangen. CDU und CSU hatten gehofft, die Bevölkerung werde sich empören. Die denkt gar nicht daran. Sie hat andere Sorgen. Der Regierung bläst der Wind nicht deshalb ins Gesicht, weil sie vor den Wahlen ein allzu rosiges Bild der Wirklichkeit gemalt hat, sondern weil die Mehrheit der Bürger mit ihrer Politik nach den Wahlen unzufrieden ist. Das ist ein handfester Grund. Die Bevölkerung vermag Wichtiges von Nichtigem offenbar besser zu unterscheiden als einige ihrer Repräsentanten.

Lügen in der Politik sind nicht belanglos: Wer mit vorgeschobenen Gründen eine Armee in den Krieg schickt, wer im Parlament die Unwahrheit sagt oder sich bestechen lässt, muss zur Verantwortung gezogen werden. Die Union hat den Eindruck erweckt, eine allzu sonnige Darstellung der Verhältnisse sei mit solchen Tatbeständen zu vergleichen. Das ist verlogen. BETTINA GAUS