Suche nach dem Frieden

Ein Festival in der Altonaer Christianskirche unternimmt Ausflüge in die wundersame Welt der improvisierten Musik. Ein Notebook sendet tiefes Rumpeln, ein Trio demonstriert Harmonie

von Tobias Richtsteig

Die Ottenser Christianskirche, neben dem Altonaer Rathausam Beginn der Elbchaussee gelegen, ist derzeit Schauplatz eines Festivals für improvisierte Musik – und entgegen allen Klischees herrscht dort eine eher kontemplative Atmosphäre. Pärchen um die Dreißig treffen beim Phenomorphonicfestival auf Mitglieder der Kirchengemeinde, die hören wollen, was in „ihrer Kirche“ so passiert.

Am Dienstagabend war das zunächst eine Improvisation am Notebook, das tiefes Rumpeln in den Verstärker schickte. Man hörte Rauschen, Knirschen und auch einmal eine deftige Rückkoppelung. Der Schweizer Gilles Aubry hatte eine Musik-Software vorbereitet, nun saß er am Rechner und an einem kleinen Mischpult und bediente die Regler und Knöpfe seines abstrakten Instrumentariums, groovend wie ein DJ.

Diese Musik ist nicht meditativ, nur ein Mal mischen sich ätherische Zweiklänge mit dem Stundenschlag des Glockenturms. Doch trotz alles metallischen Donners bekommt der Computermusiker am Ende warmen Applaus. Später äußern sich zwei Sängerinnen des Kirchenchors begeistert, sie fühlen sich durch die ungewohnten Klänge inspiriert.

Improvisierte Musik kommt ohne Noten und meist auch ohne verbindliche Absprachen aus, umso wichtiger ist darum die Kommunikation – unter den MusikerInnen, zwischen Bühne und Publikum. Das funktioniert ganz unhierarchisch, und in der Pause schenkt Pastorin Susanne Zingel Saft und Wein aus und erzählt, dass die Kirche die Konzerte nicht bezuschussen kann. Dennoch ist die Gemeinde durchaus stolz darauf, dass in der dänischen Barockkirche ungewöhnliche Kultur stattfindet.

Die Musiker zum Festival eingeladen hat der Hamburger Bassist John Hughes, der vor sechs Jahren aus Baltimore an die Elbe gekommen ist. Mit Propele Di Katsa, seinem Trio mit Klarinettistin Barbara Fuchsberger und Pianist Jörg Hochapfel, spielt er in der zweiten Hälfte des Abends ein dichtes Set. Man merkt, dass die ImprovisatorInnen gut aufeinander eingespielt sind – das Zusammenspiel ist harmonisch, ohne dabei an Spannung zu verlieren.

John Hughes freut sich schon jetzt auf die zwei weiteren Abende des Festivals, die mehr wohltuend unvorhersehbare Musik bereithalten: Tripwire, ein Berliner Trio mit Hughes am Bass, und ein Duo aus Klarinette und Klavier werden am Samstag zu erleben sein, eine Zusammenarbeit von Jazzschlagzeuger Jeff Arnal mit Dietrich Eichmann am Piano folgt am Mittwoch zum Abschluss der kirchlichen Friedensdekade. Die steht unter dem Motto „Auf der Suche nach dem Frieden, höher als alle Vernunft“.

Phenomorphonicfestival: Samstag, 13. November und Mittwoch, 17. November, jeweils 21 Uhr, Christianskirche, Klopstockplatz, beim Rathaus Altona