Unions-Pauschale halbgar

Bei CDU und CSU zeichnet sich ein Kompromiss zum Umbau des Gesundheitssystems ab, aber: Das System ist nicht transparenter und der Einkommensbezug bleibt

BERLIN taz/afp ■ Nach mehr als einem Jahr Streit deutet sich ein Kompromiss zwischen CDU und CSU zur Finanzierung des Gesundheitssystems an. Die CDU hörte gestern auf, die Gerüchte zu dementieren, wonach die Parteichefs Angela Merkel und Edmund Stoiber sich Mittwochabend auf eine Art halbe Kopfpauschale geeinigt hätten.

Lediglich über die Ausgestaltung des Sozialausgleichs – der Unterstützung für Arme und Familien – gebe es noch Dissens, hieß es. Dieser werde aber übers Wochenende sicherlich erledigt. Für Montag wird eine offizielle Verkündung des lang ersehnten Unions-Kompromisses erwartet.

Damit ist zumindest Merkels Ziel erreicht, sich mit einem Konzept zur Kopfpauschale oder „Gesundheitsprämie“ auf dem CDU-Parteitag Anfang Dezember feiern zu lassen. Und auch Stoiber wird auf dem CSU-Parteitag nächste Woche erklären können, wie weit sich die Bayern durchsetzen konnten.

Im Ergebnis ist das, was bekannt ist, zwar mehr als ein Formelkompromiss, aber weniger als eine Kopfpauschale. Der Arbeitgeberanteil an den Kassenbeiträgen soll nun nicht mehr an die Arbeitnehmer ausgeschüttet werden. Vielmehr verwandelt sich dieser Anteil in eine 60-Euro-Teilpauschale: Die Arbeitgeber zahlen 6,5 Prozent vom Lohn in einen Clearingtopf. Aus dem Topf gehen dann 60 Euro pro (erwachsener) Nase an die Krankenkassen. Insgesamt sollen die Kassen 169 pro Versicherten erhalten. Diese müssen also noch je 109 Euro erbringen – maximal aber 7 Prozent vom Bruttoeinkommen. Wer darüber liegt, soll unterstützt werden – aus noch zu definierenden Steuermitteln.

Die meisten Argumente, mit denen Merkel für die Kopfpauschale geworben hat, sind nun hinfällig: Das System ist weder einfacher noch transparenter, sondern eher komplizierter und undurchsichtiger als das bisherige. Denn bei den Kassen kommt zwar eine Pauschale von 169 Euro an, diese wird aber teils in Abhängigkeit vom Einkommen erbracht. Die Arbeitgeber müssten zwar nicht für jeden Anstieg der Gesundheitskosten mitzahlen, weil ihr Beitrag bei 6,5 Prozent gedeckelt sein soll. Aber die von ihnen erhoffte Loslösung der Gesundheits- von den Arbeitskosten gibt es nicht.

In ersten vorsichtigen Bewertungen widersprachen sich gestern die Beobachter. Grünen-Chef Reinhard Bütikofer erklärte, die CDU werde sich offenbar im Wesentlichen gegen die CSU durchsetzen. „Dies geschieht aber um den Preis, dass Frau Merkel mit einem hübschen Kuddelmuddel vor die Bürgerinnen und Bürger treten wird.“ Das Modell sei nicht zu verstehen, bloß: „Es wird unsolidarisch.“ Der Vize-FDP-Chef Andreas Pinkwart sagte dagegen, die CDU sei auf dem besten Wege, sich von ihrem Reformkurs zu verabschieden. Mit dem Kompromiss würden „sämtliche von der CDU ursprünglich angestrebten Ziele verfehlt“. UWI