Nach Arafat: Frieden oder Krieg?

Palästinenserpräsident Jassir Arafat soll heute in seinem zerstörten Amtssitz in Ramallah beerdigt werden. Sein Tod lässt US-Präsident Bush und israelische Politiker auf „Öffnung zum Frieden“ hoffen

BERLIN taz ■ Zu seinen Lebzeiten hielt Palästinenserpräsident Jassir Arafat alle Fäden in der Hand. Gestern Morgen, nur Stunden nach seinem Tod, wurden seine wichtigsten politischen Funktionen auf mehrere Personen verteilt. Die Palästinensische Befreiungsorganisation PLO wählte den früheren Regierungschef Mahmud Abbas zum neuen Chef, der wegen seiner Kompromissbereitschaft Lieblingskandidat der internationalen Gemeinschaft für die Nachfolge Arafats ist. Übergangspräsident bis zu den Wahlen in sechzig Tagen ist der bisherige Parlamentspräsident Rauhi Fattuh, zum neuen Vorsitzenden von Arafats Partei Fatah wurde Faruk Kaddumi bestimmt, der Chef des PLO-Politbüros. Ministerpräsident Ahmed Kurei leitet nun den Nationalen Sicherheitsrat. Im Gegensatz zu Abbas und Kurei ist Kaddumi ein Gegner des Osloer Abkommens zwischen der PLO und Israel.

US-Präsident George Bush, der Arafat 2002 zur „Persona non grata“ erklärt hatte, sprach nach seinem Tod von einer „Öffnung zum Frieden“. Israels Präsident Mosche Katzav lobte die neue Führungsmannschaft der Palästinenser. Aber auch die Gegenseite machte vorsichtshalber schon mal mobil: In Ramallah warnten bewaffnete maskierte Männer gestern die neue Führung vor einem „Ausverkauf der palästinensischen Sache“. Die radikale Fatah-Splittergruppe Al-Aksa-Brigaden benannte sich in Märtyrer-Jassir-Arafat-Brigaden um. Im Gaza-Streifen und Westjordanland gingen tausende von Palästinensern auf die Straße.

Arafat, der gestern um 3.30 morgens im Percy-Militärkrankenhaus bei Paris starb, wird nach einer offiziellen Trauerfeier in Kairo heute Nachmittag in Ramallah beerdigt. Er soll in einem Steinsarg auf dem Gelände seines weitgehend zerstörten Amtssitzes beigesetzt werden – in Erde, die aus Jerusalem herbeigeschafft wird. Israel hatte eine Bestattung in der Al-Aksa-Moschee abgelehnt. Nun soll Arafat später umgebettet werden. B.S.

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