Böser, als die Kunst erlauben wollte

Seit 20 Jahren gibt es den Dortmunder Kunstverein. Dafür leistet er sich wieder einen ganz großen Namen. Denn Multikünstlerstar Martin Kippenberger war ein Sproß der Stadt – und ein Enfant terrible der deutschen Kunstszene

Ein Latexbild, zwei Collage-Kästen, ein paar Ölbilder, Zeichnungen und die tierisch-komischen Bärensocken. „Martin Kippenberger“ heißt die Ausstellung im Dortmunder Kunstverein, die am Sonntag feierlich eröffnet wird. Der Name des 1997 in Wien verstorbenen Künstlerstars reicht als Werbemittel natürlich aus und versehen mit dem Hinweis auf nicht oder selten gesehene Werke aus Privat- und Familienbesitz könnte die ein oder andere Fan-Sternfahrt aus dem Rheinland ausgelöst werden. Kippi ist immer noch ein Held und er ist auf dem Kunstmarkt schweineteuer geworden.

Für seine Geburtsstadt ist es eine Premiere. Zu seiner aktiven Zeit hat er es nie dorthin zurück geschafft. Schließlich zog er mit drei Jahren bereits nach Essen, brach dort die Schule ab, zog anschließend für das (auch abgebrochene) Kunststudium nach Hamburg, Berlin, Florenz und Köln, wo er im wildesten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts seinen Ruhm begründete, mit viel Bier und der heroischen Absage an die Macher der documenta 8 in Kassel. Kippenbergers wichtigste Arbeit war sein Leben selbst. Er war böse, lieferte spöttische Bildfindungen und stieß provozierend in Tabuzonen vor. Der schicke Kölner Kunstklüngel verzieh schnell, kaufte reichlich, schließlich waren seine Beleidigungen nicht platt, sondern nur böser, als die Kunst eigentlich erlaubt. Kippenberger hatte den abhängigen Hang zu bildender und schreibender Kunst, zur Selbstdarstellung und zum Hochprozentigen. Eigentlich machte er alles. Er war Ende der 1970er Geschäftsführer im Punkkultschuppen SO36 in Kreuzberg, gründete selbst eine Punkband, reiste rastlos durch die Welt, bekam 1991 eine Einzelausstellung im Museum of Modern Art in San Francisco und wurde posthum noch Biennale-Star in Venedig. Ein wilder Ritt des „Eiermann“ durchs Leben und ein wahnwitziger des Malers, der die Werke schuf, die „Picasso nicht mehr malen konnte.“ Jetzt ist er also zurück in der Westfalen-Metropole, wo er nur zahlreiche Windeln füllte.

30 Werke füllen die Räume des Kunstvereins. Darunter auch eine 12-teilige, bislang unpublizierte Serie von Zeichnungen mit dem Titel „Mau- Mau“ dar, die bei einem Urlaubsaufenthalt Kippenbergers auf der Insel Mallorca im Jahr 1994 entstand. Außerdem eine Gruppe der berühmten Hotel-Zeichnungen, die auf dem jeweiligen original Briefpapier entstanden. „Mit der Ausstellung eines Dortmunder Künstlers soll die Verankerung des Kunstvereins in der Stadt besonders hervorgehoben werden“, sagt Eckhard Gerber, Vorsitzender des Dortmunder Kunstvereins. 80 KünstlerInnen haben in den 20 Jahren dort ausgestellt. Darunter Richard Serra, Joseph Beuys und Emil Schumacher. Eine Reihe, in die Kippenberger nahtlos hineinpasst. Auch wenn er nur kurz die Stadt heimsuchte.

PETER ORTMANN

Martin KippenbergerDortmunder KunstvereinBis 16. Januar 2005