Behinderte umsorgen Gäste

In Detmold hat das erste Hotel eröffnet, dass ausschließlich von Behinderten bewirtschaftet wird. Es verbindet Arbeiten und Wohnen. Ein vergleichbares Projekt in Hamburg läuft sehr erfolgreich

Wir wollten Arbeitsplätze finden, die attraktiver sind als eine Werkstatt

VON BORIS R. ROSENKRANZ

Die Idee, sagt Richard Lesemann, hätten sie schon lange gehabt. Ein Hotel zu betreiben, in dem ausschließlich Behinderte die Gäste umsorgen. Genauso, wie es in Hamburg seit einigen Jahren praktiziert wird. Und seit Donnerstag ist es auch hier soweit: In Detmold eröffnete das erste Hotel mit behinderten Mitarbeitern in Nordrhein-Westfalen.

Für Lesemann, der wie die anderen Mitglieder des initiierenden Vereins „Stadthaus Detmold“ selbst Vater eines behinderten Kindes ist, bedeutet das Projekt einen Fortschritt. „Wir wollten für unsere Kinder einen Arbeitsplatz finden, der attraktiver ist, als jene in einer Behinderten-Werkstatt.“ Und das ist das Hotel Elisabeth allemal. Nicht nur, weil die jungen Menschen hier eine Stelle im ersten Arbeitsmarkt gefunden haben, auch weil sie unmittelbar neben dem Hotel wohnen können. So ist das Ziel, „integrative Wohn- und Arbeitsplätze zu schaffen“ erreicht. Denn das Hotel Elisabeth ist eine ganz normale, obendrein moderne Residenz, in der jeder ein Zimmer buchen kann – Behinderte genauso wie Nicht-Behinderte.

Dass diese Art der Integration sehr gut funktioniert, davon kann Michaela Duwe berichten. Sie arbeitet im Stadthaushotel Hamburg, dem Vorbild des Detmolder Projekts, das es bereits seit 1993 gibt. „Die meisten Gäste sind begeistert und kommen immer wieder zu uns“, weiß Duwe. Und was ihre Mitarbeiter betrifft, die sie als Anleiterin bei der Arbeit betreut, so will sie „keine anderen haben.“ Alle gingen stets mit guter Laune und hoch motiviert ans Werk. „Die freuen sich sogar, wenn sie putzen dürfen“, lacht Duwe und kann ein bisschen Unverständnis nicht verbergen.

Unterstützt wurde das Detmolder Projekt von zahlreichen paritätischen Organisationen, unter anderem von der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW. Die Organisation konzentriert sich auf die Verbesserung der Lebenssituation alter und behinderter Menschen. Berthold Tumbrink von der Wohlfahrtspflege wertet das Hotel daher als „Vorbild-Projekt“ im Sinne seines Arbeitgebers. „Die Stiftung stellt sich vor, dass die behinderten Menschen ein möglichst weites Feld von Selbständigkeit erlangen“, sagt Tumbrink. Das sei hier, in einer Kombination aus Wohnen und Arbeiten, besser ermöglicht, als beispielsweise in einer Werkstatt. Dieses „institutionalisierte Angebot“ sei in der Regel nur dazu da, „damit die Behinderten etwas zu tun haben.“

Das haben sie in Detmold auch. Aber eben in einer ganz anders gearteten Dimension. Zwar wurde der Aufbau des Hotels großenteils subventioniert, die Wirtschaftlichkeit muss der betreibende Verein nun aber eigenständig unter Beweis stellen. Richard Lesemann ist überrascht, „wie schnell es mit den Buchungen geht“. Schon gestern, einen Tag nach der Eröffnung, konnte er „fünf, sechs Reservierungen“ verzeichnen. „Ich bin guter Dinge, das wir den Markt hier erobern werden“, sagt Lesemann, der sich auf geschultes Personal verlassen kann. Vier Jahre lang haben die sieben jungen Menschen, die seit Donnerstag Betten aufschütteln, putzen und Frühstück servieren, ihr Handwerk gelernt: im Felix-Fechenbach-Berufskolleg.

Dort lernten sie die Theorie der Gastwirtschaftlichkeit, bevor sie dann die Möglichkeit bekamen in einem kleinen Hotel am ungemachten Bett zu trainieren. Dort heißt es, sie hätten „schnell gelernt“, sich alles gut behalten und gezeigt, dass sie „auf eigenen Beinen stehen können“. Wenn das Detmolder Hotel nun noch so gut läuft wie sein Hamburger Pendant, kann eigentlich gar nichts mehr schief gehen: In der Hansestadt nämlich, sagt Anleiterin Michaela Duwe, „haben wir schon etliche Gästebücher gefüllt.“