Freunde sammeln – statt betteln gehen

Die Bremer Hochschulen wollen ihre Absolventen als Geldgeber gewinnen. Konkrete Projekte müssen erst noch geplant werden

Bremen taz ■ Mehrere hundert MitarbeiterInnen sind an einzelnen US-amerikanischen Universitäten damit beschäftigt, private Gelder einzuwerben – Fundraising zu betreiben. An der Universität Bremen wird mit dieser Form der Mittelbeschaffung jetzt erstmalig begonnen. Damit ist die Universität weiter als die Hochschule Bremen, die Anfang kommenden Jahres die Ergebnisse einer von ihr beauftragten Machbarkeitsstudie erwartet.

Fundraising sei an der Universität Bremen „Chefsache“, sagt Winnie Abraham, die als Sprecherin des Rektors derzeit an einem Konzept zur Erschließen privater Geldquellen arbeitet. Bisher gibt es an der Universität nur das klassisches Sponsoring, um etwa Partner für eine Erstsemesterkampagne zu gewinnen – oder die aktuelle Ausgabe des Uni-Jahrbuchs zu bezahlen. Für Letzteres wurden gerade 32.000 Euro eingeworben.

Doch Fundraising ist mehr als das. „Es geht nicht um eine moderne Form der Bettelei“, sagt der Sozialwissenschaftler Detlef Luthe – sondern um Kommunikation. Luthe hat 1996 an der Universität Bremen über Fundraising promoviert und berät heute die bremischen Mitglieder des Paritätischen Wohlfahrtsverbands in Fragen der praktischen Umsetzung. „Beim Fundraising kommt es in erster Linie darauf an, Freunde zu sammeln.“ Diese Beziehungen seien das Kapital. Das Geld fließt dann als Zinsen.

Wer als Bettler zu den Unternehmen komme, für den sei auch kein Geld zu holen, so Luthe. „Also muss man herausfinden, was die Menschen bewegt, freiwillig und mit guter Laune den Geldbeutel zu öffnen.“ So gebe es Unternehmer, die im Gegenzug an erleichtertem Zugang zu wissenschaftlichem Know-how interessiert seien.

Als potenzielle Freunde der Universität gelten vorrangig ihre ehemaligen Mitglieder, kurz und amerikanisch Alumni genannt. Dieser Personenkreis werde laufend informiert, so Abraham, um ihn wieder für „seine“ Universität zu interessieren. „Wir wollen die Alumni dafür gewinnen, ihre beruflichen Erfahrungen wieder in die Universität einzubringen“, so Abraham. Zudem soll es verstärkt Begrüßungs- und Abschlussfeiern geben. Solche Rituale machten durchaus Sinn – weil sie die Identifikation mit der eigenen Universität förderten. Nur wer sich hinter „seine“ Hochschule stellt, der gibt ihr womöglich auch Geld, ohne eine Gegenleistung zu erwarten.

Gleichwohl haben die staatlichen Hochschulen einen schweren Stand, glaubt der Fundraising-Experte. Argumentieren sie mit ihrem knappen Etat, „kommt das einer Bankrotterklärung gleich“. Stelle man einzelne Projekte in den Vordergrund, „dann zieht Geld Geld an.“ Wer hat, dem werde gegeben.

Ohnehin rechne sich das Fundraising erst nach drei Jahren, hat Luthe herausgefunden. „Mit einem einzigen Spendenaufruf ist es da nicht getan.“ Die Aktivitäten seiner ehemaligen Alma Mater beurteilt Luthe sehr kritisch. Die Universität Bremen sei „relativ spät“ dran, wenn sie erst jetzt ein Konzept zum Fundraising entwickle. Zudem habe sie heute wenig Personal für diese zeitraubende Aufgabe. „Es wundert mich, dass hier nicht mehr passiert.“

Abraham plant erste Fundraising-Projekte denn auch erst für das kommende Wintersemester. Das Geld solle dazu dienen, die Qualität der Lehre zu steigern oder das Studium praxisnäher zu gestalten – welche Projekte genau ausgewählt würden, das müsse noch geklärt werden.

Erfolgreich ist nach Luthes Erfahrung, „einen Katalog mit Ideen und Projektskizzen“ für potenzielle Geldgeber zu erarbeiten. Wie bei einem Versandhaus könnten diese dann aussuchen, wofür sie ihr Geld ausgeben wollen. Hier könnten die hiesigen von den amerikanischen Universitäten lernen. Dabei setzt Abraham dem Fundraising schon einmal Grenzen: Es dürfe – bei aller Geldnot – auf keinen Fall zu einem „Ausverkauf“ kommen. Jan Zier