Friedlicher Neustart in Georgien

Einen Tag nach dem Rücktritt von Eduard Schewardnadse kündigt Interimsführung Neuwahlen an. Der Expräsident dementiert Gerüchte über Exil in Deutschland. Putin kritisiert Machtwechsel

TIFLIS afp/ap ■ Die neue georgische Führung strebt nach dem unblutigen Machtwechsel rasche Neuwahlen an. Gemäß der Verfassung würden die Wahlen binnen 45 Tagen abgehalten, sagte Interimspräsidentin Nino Burdschanadse am Montag in Tiflis. Sie kündigte eine enge Anbindung der früheren Sowjetrepublik an Europa und die USA an.

Der zurückgetretene georgische Präsident Eduard Schewardnadse will entgegen hartnäckigen Gerüchten künftig nicht in Deutschland leben. „Obwohl ich Deutschland sehr liebe: Meine Heimat ist Georgien, und der bin ich es schuldig, hier zu bleiben“, sagte Schewardnadse am Montag dem ZDF in Tiflis.

Als wichtigste Ziele ihrer kommissarischen Regierung nannte Burdschanadse die Bewahrung der Stabilität sowie die Verbesserung der Beziehungen zu Russland und anderen Nachbarstaaten. Burdschanadse ließ offen, ob sie bei der Präsidentschaftswahl kandidieren wird. Dagegen gab Oppositionsführer Michail Saakaschwili über einen Sprecher seine Kandidatur bekannt.

Der russische Präsident Wladimir Putin äußerte sich kritisch zu den Ereignissen in Tiflis. Er sei „besorgt darüber, dass der Machtwechsel vor dem Hintergrund massiven Drucks“ erfolgt sei, sagte Putin in Moskau. In Anspielung auf die Massendemonstrationen sagte er: „Diejenigen, die derartige Aktionen organisiert und heraufbeschworen haben, haben eine enorme Verantwortung vor dem Volk auf sich genommen.“ In Berlin und anderen westlichen Hauptstädten hingegen wurde der friedliche Ablauf des Machtwechsels gelobt. Das US-Außenministerium sagte der Führung in Tiflis Unterstützung bei der Organisation freier und fairer Wahlen zu.

Nach den wochenlangen Demonstrationen kehrte in den Straßen von Tiflis am Montag Ruhe ein.

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