Bosbach wehrt sich gegen Kanzler-Kritik

Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach weist Kritik an Türkei-Äußerungen im taz-Interview zurück. Fischer in Ankara

BERLIN taz ■ Nach den Terroranschlägen in Istanbul hat sich der Streit zwischen Rot-Grün und der Union um einen EU-Beitritt der Türkei weiter verschärft.

CDU-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach wies die Kritik von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) an seinen Äußerungen gestern zurück. Der Kanzler habe ihn „unter Verzicht auf Sachargumente persönlich beleidigt“, sagte Bosbach der taz. Schröder hatte Bosbach als „charakterlos“ bezeichnet, weil der CDU-Politiker noch am Tag der Anschläge gesagt hatte, mit einer Aufnahme in die Türkei „würde das Terrorproblem in die Gemeinschaft importiert“. Von dieser Einschätzung distanzierten sich inzwischen auch mehrere Unionspolitiker. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) nannte die Verknüpfung der Attentate mit der Frage eines möglichen EU-Beitritts der Türkei einen „großen Fehler“.

Bosbach sagte der taz, er habe die Anschläge in Istanbul nicht als Argument gegen einen EU-Beitritt der Türkei verwenden wollen. Es müsse jedoch erlaubt sein, in der Debatte um die Türkei auch die eigenen Interessen im Blick zu haben. Dazu gehöre es, auf drohende Sicherheitsprobleme hinzuweisen, „wenn die EU künftig Außengrenzen zu Syrien und dem Irak hat“.

Zustimmung erhielt Bosbach von Bayerns Innenminister Günther Beckstein. Bei der aktuellen Sicherheitslage sei ein schneller Beitritt „nicht in unserem Interesse“, erklärte der CSU-Politiker.

Außenminister Joschka Fischer kündigte bei einem Kurzbesuch in Ankara dagegen verstärkte Zusammenarbeit mit der Türkei an. Der Terrorismus sei ein „gemeinsamer Feind“. Über Bosbachs Äußerungen sei er „schockiert“ gewesen, sagte Fischer in Ankara. LUKAS WALLRAFF

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