Heizkörper fürs Herz

„Park“-Haus am Pinnasberg jetzt „qualitätsgeprüftes Passivhaus“. Am kältesten Tag reichen zehn Teelichte, um ein Wohnzimmer zu heizen

Mit den eingesparten Betriebskosten lassen sich Zins und Tilgung des Kredits bezahlen

von GERNOT KNÖDLER

Hamburg hat ein neues Wahrzeichen des Umweltschutzes: Europas höchstes Passivhaus, das mit elf Stockwerken über dem St. Pauli-Fischmarkt am Pinnasberg trohnt. Es ist weithin sichtbar und bietet den Mitgliedern des hier beheimateten Wohnprojekts eine gewaltige Aussicht über Elbe, Docks und Schiffe. Das Haus mit 19 Wohnungen braucht nur ein Zehntel der Energie, die herkömmliche Häuser verbrauchen. Gestern ist das vom Darmstädter Passivhaus-Institut offiziell bestätigt worden.

Der Begriff „Passivhaus“ beschreibt einen Standard, nach dem höchstens das Äquivalent von 1,5 Litern Heizöl pro Quadratmeter Wohnfläche verbraucht werden dürfen – in vielen Häusern sind es heute 17 bis 20 Liter. „Auch am kältesten Tag würde es ausreichen, zehn Teelichter anzuzünden, um ein durchschnittliches Wohnzimmer zu heizen“, sagt Wolfgang Feist, der Direktor des Passivhaus-Instituts.

Das energetisch Schlimmste, was dem „Park“-Haus neben dem Antoni-Park passieren kann, ist ein Hamburger Wintertag: regnerisch-trübe – erträglich kalt, aber ohne dass die Sonne durchkäme. Denn das Haus bezieht seine Heizenergie im Wesentlichen von der Sonne. Zum Nachheizen, vor allem aber für die Warmwasserbereitung verfügt das Haus über einen Gasofen von der Größe, wie er in vielen Zwei-Zimmer-Wohnungen hängt. Der Rest kommt durch die Bewohner und ihre Aktivitäten. „Wenn ich bügle, bleibt es wieder zwei Tage warm“, sagt Feist. Heizkörper wurden mehr aus psychologischen Gründen aufgehängt.

Dafür, dass die Sonnenwärme ins Haus kommt, es aber kaum mehr verlässt, sorgt ein Bündel passiver Bautechniken: eine Isolierung, die das Haus rundum einhüllt; eine sorgfältige Verarbeitung, die das Entstehen von „Wärmebrücken“ – Löchern in der Hülle – verhindert, etwa bei der Verankerung der Stahlträger für die Balkone; besonders gute Fenster, „die auch bei kaltem Wetter auf der Innenseite warm sind“ (Feist) und eine automatische Wohnungslüftung.

Letztere täte Feist zufolge auch vielen normalen Wohnungen wohl, weil sie die beim Kochen, Duschen und Atmen entstehende Feuchtigkeit aus der Wohnung transportiert. Das verhindert Schimmel. Die dazu gehörenden Ventilatoren sind in den Wohnungen praktisch nicht zu hören. „Selbstverständlich kann man auch die Fenster öffnen“, versichert Feist.

Das Haus nach Plänen des Architekturbüros Plan -R- ist von dem Wohnprojekt unter dem Dach der Genossenschaft St.Pauli-Hafenstraße errichtet worden. Nach Angaben Reiner Schendels vom alternativen Projektträger Stattbau, der die Rolle der Bauherrn übernahm, liegen die Kosten zehn bis 15 Prozent über denen eines konventionellen Neubaus. Da es mit einem günstigen Förderdarlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau finanziert wurde, ließen sich mit den eingesparten Betriebskosten Zins und Tilgung bezahlen.

Feist, der durch sein Engagement für den Passivhaus-Standard wesentlich hierzu beigetragen hat, ist bereits 2001 mit dem Deutschen Umweltpreis geehrt worden. Er glaubt, dass der Passivhaus-Standard auch für die Volkswirtschaft Vorteile bietet: Der Teil der Wertschöpfung, der sonst in Gas oder Öl gehen würde, geht jetzt in den Bau und die Herstellung der nötigen Anlagen. Das schaffe Arbeitsplätze.