„Kurs gegen die eigenen Fahrgäste“

Die geplante Fahrpreisänderung stößt nicht nur bei Grünen und beim Fahrgastverband auf Widerstand. Auch die PDS meldet „Gesprächsbedarf“ an. Die künftige Regelung zur Fahrradmitnahme widerspricht dem Koalitionsvertrag

Neue Preise für Bus und Bahn sorgen für Verärgerung – auch in der rot-roten Koalition. „Das ist unserer Meinung nach kontraproduktiv“, sagt PDS-Verkehrsexpertin Jutta Mattuschek der taz. Sie bezieht sich auf von Verkehrssenator Peter Strieder (SPD) mitgetragene Pläne, nach denen Monatskarteninhaber ihr Fahrrad nicht mehr umsonst mitnehmen können. Im Koalitionsvertrag steht aber: „ … ist die kostenlose Fahrradmitnahme für alle Zeitkarten-Inhaber wieder zu ermöglichen.“ Generell hält Mattuschek die Pläne für einen „Kurs gegen die eigenen Fahrgäste“.

Zuständig für die Preisgestaltung ist der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB), dem auch die BVG angehört. Zu den gravierendsten Änderungen, die ab dem 1. April gelten sollen, gehören auch neue Preise für Einzelfahrschein und Monatskarte.

Bislang konnte sein Rad umsonst mitnehmen, wer eine persönliche Zeitkarte oder eine Premiumkarte hat. Mit der zukünftigen Monatskarte soll das nicht mehr möglich sein. Stattdessen ist eine Fahrrad-Monatskarte geplant, die fünf Euro extra kostet.

Für PDS-Politikerin Mattuschek widerspricht das der im Koalitionsvertrag von SPD und PDS festgelegten Idee der „Förderung der umweltfreundlichen Kombination von Fahrrad und ÖPNV“. Man habe schon bei der SPD Gesprächsbedarf angemeldet, so Mattuschek. Die endgültige Entscheidung falle erst in einer VBB-Aufsichtsratssitzung am 17. Dezember. SPD-Senator Strieder gab sich jedoch zuversichtlich, dass die Pläne unverändert durchkommen.

Die Monatskarte wird nach jetzigem Stand fast 10 Prozent teurer: von 58,50 auf 64 Euro. Dafür gilt die Karte abends nach 20 Uhr und am Wochenende auch für einen zweiten Erwachsenen. Das ist bislang mit der derzeit 67,30 Euro teuren Premiumkarte möglich, die zusätzlich Fahrradmitnahme erlaubte. Diese Premiumkarte soll wegfallen.

Der zwei Stunden gültige Einzelfahrschein hingegen soll billiger werden: von 2,20 Euro auf 2 Euro. Dafür gilt er aber nur noch für eine Fahrt in eine Richtung. Bislang konnte, wer sich beeilte, binnen der zwei Stunden Gültigkeit auch noch die Rückfahrt schaffen. „Die überwiegende Mehrheit spart dabei“, behauptet VBB-Sprecherin Sabine Vogel. Nur 20 bis 30 Prozent der Fahrgäste würden bisher ihr Ticket auch zur Rückfahrt nutzen. Diese Gruppe aber macht die Sache für die Verkehrsbetriebe so lukrativ: Von zehn Nutzern würden zwar sieben je 20 Cent weniger, drei aber 1,80 Euro mehr bezahlen, weil sie nun einen zweiten Fahrschein bräuchten. Das macht unter dem Strich 40 Cent mehr pro Fahrgast – falls der nicht reihenweise von Bus und Bahn auf Rad und Pkw umsteigt.

Umstritten sind auch Pläne, die Schüler- und Geschwisterkarten um zwei beziehungsweise einen Euro zu verteuern. Für den Verkehrspolitiker Michael Cramer (Grüne) ist das „Preiswucher bei den Kunden von morgen“. Ähnliche Kritik kommt vom Fahrgastverband Igeb. Der begrüßt zwar eine neue, zusätzliche Monatskarte, die erst ab 10 Uhr gilt. Sie soll 49,40 Euro und damit 14,60 Euro weniger als die reguläre Monatskarte kosten. Dieser Preis sei aber „mehr als ein Schönheitsfehler“, meint Igeb: Eine vergleichbare Karte in München koste nur 39 beziehungsweise 46,50 Euro.

STEFAN ALBERTI