bundeshaushalt
: Falsche Entrüstung statt echten Ärgers

Die Bundesregierung hat ein fortlaufendes Desaster noch einmal verschärft: Gestern hat sie den Haushalt für das kommende Jahr vorgelegt. Obwohl keine Katastrophe zu verzeichnen ist und Finanzminister Hans Eichel ein Wirtschaftswachstum von knapp 2 Prozent erwartet, nimmt er offiziell 22 Milliarden Euro neue Schulden auf. Und das ist noch schamlos getrickst, denn dazu müssten eigentlich noch weitere 23 Milliarden aus Verkäufen von Staatseigentum gerechnet werden. Das Defizit liegt damit bei gut einem Sechstel des Gesamthaushalts – eine unverantwortliche Hypothek auf die Zukunft.

KOMMENTAR VON REINER METZGER

Die Union nennt den Haushalt deshalb verfassungswidrig und erwägt eine Klage. Allerdings müssten sich sowohl CDU/CSU als auch FDP eigentlich genauso schämen wie Rot-Grün: Sie haben mit verhindert, dass das Steuersystem sinnvoll reformiert und widersinnige Subventionen gestrichen werden. Hier herrscht in Deutschland die supergroße Koalition derer, die am Sonntag schön reden und am Werktag alles verhindern, was die Gesellschaft zukunftsfähiger machen könnte.

Eichel spart sich und damit uns zu Tode – und die Opposition schaut hämisch grinsend diesem Elend zu, als ob sie nichts damit zu tun hätte. Da wird über Steuersenkungen gefaselt, dabei hat der Finanzminister einfach zu wenig Einnahmen – auch wegen der vielen Arbeitslosen, natürlich. Die werden im kommenden Jahr knapp 60 Milliarden Euro an Arbeitslosengeld und -hilfe kosten plus ein paar dutzend Milliarden an Einnahmeausfällen für die Sozialkassen. Mit Sparen aber wird kein einziger Arbeitsplatz geschaffen. Stattdessen müsste jetzt investiert werden – in Bildung, aber auch in Forschung und Teile der Infrastruktur. Das bringt Arbeitsplätze.

Aber Investieren geht nicht nur auf Kredit. Dafür müssten auch die Steuereinnahmen wieder steigen. Das geht nur, wenn die Unternehmensbesteuerung wieder auf realistischen Stand gebracht wird. 10 Prozent zahlten die Unternehmen in den vergangenen Jahren durchschnittlich an Steuern. Da können selbst Niedrigsteuerländer wie die Slowakei mit ihren 19 Prozent nicht mithalten. Dass sich die derzeitige politische Elite nicht traut, auf ihrem ureigensten Gebiet, den Staatseinnahmen, eine wirksame Reform auf den Weg zu bringen, zeigt ihre Angst und den Einfluss von Wirtschaft und Geld. Aber das macht das Haushaltsdesaster nicht weniger ärgerlich und bedrohlich.

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