Gotteslästerung in der Christianstraße

In der „Braustelle“ können die Besucher Peter Esser beim Bierbrauen zuschauen. Im Angebot hat der Diplombrauer auch etwas Skandalöses: Altbier. Nach Anfangsprotesten trinken es die Gäste von Kölns kleinster Brauerei mit Genuss

KÖLN taz ■ Es zieht immer ein leichter Duft von Hopfen und Malz durch den Raum. In der hintersten Ecke, wo drei Kupferkessel stehen, riecht es besonders stark. Während Peter Esser hier schwitzend an den Kesseln steht, um sein hauseigenes Bier zu brauen, trinken die Gäste das Endprodukt an eng gestellten Tischen gleich nebenan. Denn die Braustube ist vom Gastraum nur durch ein dünnes Paketband getrennt. Auf rund 100 Quadratmetern passiert hier alles zugleich: Es wird gebraut, gekellnert und gemeinsam dem Bier gefrönt. Den Titel „kleinste Brauerei Kölns“ hat sich die „Braustelle“ an der Christianstraße in Ehrenfeld zurecht verdient.

Die „Braustelle“ ist nicht nur ein Ort des Trinkens. Sie ist ein Ort der Zusammenkunft. Da sitzen Studenten am einen, kinderreiche Familien am anderen Tisch. Während sich eine Gruppe Rentner mit ihrem „Stammtischkölsch“ gleich neben einem homosexuellen Pärchen auf die Barhocker fallen lässt, philosophieren irische Austauschstudenten einen Stuhl weiter lauthals über die kölsche Lebensart.

Die schöne, heile Welt der Toleranz hat in der „Braustelle“ eine kleine Nische entdeckt. Der 36-jährige Braumeister weiß, warum: „Wir sind eben nicht ein klassisches, altbackenes Brauhaus, sondern offen und modern eingerichtet. Und Bier trinken und Bier brauen, das sind zwei Dinge, die sowieso alle Menschen interessieren, egal von welchem Schlag sie sind.“

Besonders mittwochs zieht es die Menschen hier hin. Dann wird „öffentlich“ Gerstensaft gebraut. Die Kessel sind von allen gut einsehbar. „Ich fange morgens um acht Uhr an und braue bis in die späten Abendstunden hinein“, erzählt Esser. Jeden Monat gibt es ein neues Bier. Auch für diesen November hat sich der Braumeister etwas ganz Besonderes einfallen lassen: das Ehrenfelder Altbier. „Als ich diese Biersorte an die Tafel geschrieben habe, stand plötzlich ein Kölner auf und rief ,Blasphemie‘ durch den ganzen Gastraum“, meint Esser augenzwinkernd. Aber richtig Ärger habe es deswegen nicht gegeben. „Und getrunken wird das Alt sogar mit Vorliebe, auch wenn es für so manchen gestandenen Kölner hart sein muss, dass ich echtes Kölner Wasser mit einem Düsseldorfer Altbierrezept vermische.“

Experimentierfreudig ist Esser schon immer gewesen: „Ich habe mich schon als Jugendlicher für die Zusammensetzung von Getränken interessiert und so kam dann eines zum anderen.“ Schließlich studierte er das Brauereihandwerk mit Diplomabschluss. „Danach arbeitete ich in Düsseldorf und Köln in verschiedenen Brauhäusern, bis schließlich aus Leipzig das Angebot kam, eine Brauanlage zu erwerben.“ Damit hat er sich dann seinen Traum von einer eigenen „Braustelle“ in Köln erfüllt. Im Dezember feiert Peter Esser mit seinem Lokal dreijähriges Jubiläum. Mit Ehrenfelder Kölsch – und Alt. Stefanie Liebl

„Braustelle“: Christianstr. 2, Köln-Ehrenfeld, Gruppen können beim Brauen zugucken: Tel.: 0221/285 69 32