Sexy Politik für Alt und Jung

„Die volle Dröhnung“: Auf ihrer Landesmitgliederversammlung in Poppenbüttel machten sich Hamburgs Grüne Gedanken über „mehr Demokratie für Hamburg“, eine Verwaltungsreform und das Zusammenleben der Generationen

Von Markus Jox

Grüne Politiker sind ernsthafte und beflissene Menschen. Fünf Stunden lang diskutierte die Hamburger GAL am Samstagnachmittag auf ihrer Landesmitgliederversammlung in Poppenbüttel darüber, wie „ökologisch-moderne, soziale Politik für die Metropole Hamburg“ – so ein etwas sperriger „vorläufiger Arbeitstitel“ – gestaltet werden könnte. Die Debatte wurde derart streng inhaltlich geführt – ohne Personalisierung oder Skandalisierung – dass gegen Ende der Veranstaltung ein Delegierter einem anderen zuraunte: „Du gibst dir auch die volle Dröhnung heute, oder?“

Im Zentrum des Parteitages standen zum einen ein knochentrockenes, aber faktengespicktes Referat des emeritierten Frankfurter Volkswirtschaftsprofessors Richard Hauser über Generationengerechtigkeit, zum anderen der Leitantrag für eine Verwaltungsreform. Die Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf das „Zusammenleben der Generationen in der Großstadt“ sollen einen Schwerpunkt der GAL-Politik in den kommenden Monaten bilden – eine Arbeitsgruppe wird über „Lebensentwürfe für junge Alte“ diskutieren und darüber, vor welche Herausforderungen die künftig deutlich ältere Bevölkerungsstruktur Hamburg konkret stellt.

Mit dem Papier „Mehr Demokratie für Hamburg – die grüne Bezirksreform“, das – nach der bei den Grünen üblichen langen, mit Inbrunst geführten Debatte über diverse Änderungsanträge – einstimmig angenommen wurde, will die GAL für mehr Kompetenz und Bürgerbeteiligung in den Hamburger Bezirken streiten. In der Verfassung der „Einheitskommune Hamburg“ würden die Bezirke derzeit nicht einmal erwähnt, klagte GAL-Vizechef Jens Kerstan. Seine Partei fordere deshalb, dass die Bezirke als „rechtsfähige Verwaltungseinheiten“ künftig in der Verfassung verankert werden. Auch sollten nicht nur die Leiter der Bezirksämter, sondern auch die Dezernenten von der Bezirksversammlung gewählt werden – und zwar „als Beamte auf Zeit“, für fünf Jahre und ohne sich daraus ergebende Versorgungsansprüche. Weiter fordert die GAL, das Wahlalter für die Bezirksversammlungen auf 16 Jahre abzusenken und in jedem Bezirk „Jugendräte“ einzurichten, die in den Versammlungen rede- und antragsberechtigt sind. Überhaupt wollten die Grünen „die Jugend stärker an die manchmal sehr formalisierten Zusammenhänge in der Politik heranführen“, erläuterte Kerstan. Man müsse auch darüber nachdenken, „wie Politik für die jungen Leute in der Kommunikation interessanter gemacht werden kann“, pflichtete GAL-Parlamentarier Farid Müller bei. Überhaupt sei das Thema Verwaltungsreform, das ja „eher nach Gummipalme und Amtsschimmel“ rieche, „eigentlich ziemlich sexy“. Die CDU habe es mit ihrem Angriff auf die Volksgesetzgebung in der letzten Woche „sogar noch aufgesext“.

Auch GAL-Landeschefin Anja Hajduk kritisierte die Hamburger CDU heftig für deren geplante Verwässerung der direkten Demokratie. „Wenn eine Partei, die die absolute Mehrheit hat, demokratische Mitbestimmung unterhöhlt, zeigt das die ganze Arroganz der Macht, die sich die CDU in wenigen Monaten zulegt hat“, wetterte Hajduk.