Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Der Mord an Theo van Gogh markiert nicht das Ende, sondern den Anfang der multikulturellen Gesellschaft. Wer sich das Zusammenleben von Menschen aus verschiedenen Kulturen als Schmuseparty vorgestellt hat, lag eh falsch

taz: Was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Im Augenblick des Todes ist „Schnauze halten“ eine gute Alternative, wenn man aus israelischer Sicht alternativ nur Ins-Grab-Hassen kann.

Was wird besser in dieser?

Auch wenn dies Arafat Unrecht tun mag: Bush kann nicht ohne außenpolitisches Konzept weitermachen; Europa lernt die Vermittlerrolle; Israel muss der Ablehnung Arafats nun Taten folgen lassen. Makaber, aber – eine Chance.

Nach dem Mord an Theo van Gogh gibt es in den Niederlanden Anschläge auf Kirchen und Moscheen. Wäre das hierzulande genauso möglich?

Aller schmerzlichen Selbstkritik der Niederländer muss man anbei stellen, dass hier über das dichtestbesiedelte Land Europas zu sprechen ist; über Migrationsfolgen zusätzlich zu einem gewaltigen kolonialen Erbe, und über eine Momentaufnahme.

Steht jetzt, wie manche routiniert meinen, das Ende der Multikulti-Gesellschaft bevor?

Nö, der Anfang. Wer sich das als Schmuseparty vorgestellt hat, lag eh falsch.

Am Wochenende will Edmund Stoiber den Gesundheitskompromiss mit der CDU auf dem CSU-Parteitag als seinen Erfolg verkaufen. Wird das gelingen?

Ja. Das Ding ist unausgegoren, unrealistisch und macht frech einen auf sozial. Gilt als Führungsstärke in Bayern.

Anfang Dezember will Angela Merkel den Gesundheitskompromiss auf dem CDU-Parteitag als ihren Erfolg verkaufen. Wird das gelingen?

Nein. Merkel hat, im Bemühen zu integrieren, alle verfügbaren Nachteile verschiedener Modelle eingesammelt. Wird ihr als Führungsschwäche ausgelegt werden.

Verstehen Sie eigentlich noch, warum es bei den verschiedenen Kopfpauschale-Varianten geht?

Leider ja ! Ein Wettbewerb um die dreisteste Heuchelei, hinter der sich das Auswildern des Wahlvolks verbergen lässt. Die CDU opfert dem Standort-Götzen den Arbeitgeberanteil und sagt, das wird schon klappen; die CSU macht den gleichen Kotau und rät uns, das fehlende Geld aus den Steuern zu holen, die sie gleichzeitig massiv senken will. Nebeneffekt: Wenn die Arbeitgeber von der Beitragsentwicklung abgekoppelt werden, ist ihnen künftig komplett wurscht, wie und wie oft der Beitrag steigt. Ein sicheres Konzept zur Selbstbedienung des pharmazeutisch-industriellen Komplexes.

Am Dienstag beginnt in Baden-Württemberg die Abstimmung über Schavan vs. Oettinger. Wer hat die besseren Chancen? Und: Wird dabei auch über Merkels Kanzlerkandidatur-Aussichten mitentschieden?

Die Südwest-CDU hat 80.000 Mitglieder, deren Hälfte man bei der Mitgliederbefragung zu sehen hofft. Wird’s knapp – und so sieht es aus – wählen zwei Promille der zehn Millionen Einwohner von Baden-Württemberg das neue Ministerpräsident. Wäre Bush nicht in der zweiten Amtszeit, könnte er hier noch was lernen. Selbst wenn die Mitglieder aus rein sachlichen Erwägungen entscheiden, wäre doch der allseits apostrophierte „Testlauf Frau“ auch ein Indiz für Merkels weitere Chancen.

Und was macht Borussia Dortmund?

Greift eindrucksvoll in den Kampf um das Tabellenende ein.

FRAGEN: SR