Paramilitärs in Medellín legen Waffen nieder

In Kolumbien werden 870 rechtsextreme Milizionäre demobilisiert. Doch was weiter mit ihnen geschieht, ist unklar

PORTO ALEGRE taz ■ „Eine Farce.“ José Miguel Vivanco von „Human Rights Watch“ lässt an der groß inszenierten Demobilisierung von 870 kolumbianischen Paramilitärs in Medellín kein gutes Haar. „Anstatt diesen Kriminellen ein Mikrofon zu geben, sollte die Regierung sich darauf konzentrieren, sie zu verhaften und vor Gericht zu stellen“, sagt Vivanco. Mit den „Kriminellen“ meint der Menschenrechtler Carlos Castaño und Salvatore Mancuso, die berüchtigten Anführer der rechtsextremen Todesschwadronen, die sich „Vereinigte Selbstverteidigungskräfte Kolumbiens“ (AUC) nennen. Für die Regierung ist die Demobilisierung der Auftakt zu einem zweijährigen Friedensprozess.

Die Paramilitärs, die in den Achtzigerjahren als Kampfverbände von Großgrundbesitzern gegen Guerillagruppen entstanden, zählen mittlerweile gut 13.000 Mitglieder. Ihnen werden zahlreiche Morde, Massaker und Entführungen zur Last gelegt. Zielgruppe des Terrors sind vermeintliche oder tatsächliche Sympathisanten der Farc- oder ELN-Guerilla. Im Juli hatten sich Castaño und Mancuso mit der Regierung auf eine vollständige Demobilisierung bis Ende 2005 geeinigt. Seither bemüht sich Präsident Uribe um eine parlamentarische Mehrheit für ein umstrittenes Amnestieprojekt.

In einem Kongresszentrum von Medellín legten vorgestern die 870 Milizionäre knapp 200 Waffen nieder. In einer Videoaufzeichnung räumte AUC-Chef Carlos Castaño „einige Übergriffe“ ein und forderte, die Armee dürfe den Raum, der durch die Demobilisierung der Paramilitärs frei werde, nicht der Guerilla überlassen.

Nach der Zeremonie wurden die 870, die allesamt einer Stadtmiliz aus Medellín angehörten, in ein Gemeindezentrum außerhalb der Millionenstadt gebracht, wo sie in den kommenden drei Wochen auf die Wiedereingliederung ins Zivilleben vorbereitet werden sollen. Doch unklar ist, wer sich ab Mitte Dezember um die 870 Exkämpfer kümmern soll. „In drei Wochen kann man doch die Persönlichkeitsstruktur eines Menschen nicht ändern und noch weniger gute Bildungsprojekte entwickeln“, sagte die zukünftige Entwicklungsdezernentin Clara Inés Restrepo. GERHARD DILGER