Ein erster Hilfskonvoi für Falludscha

In der irakischen Stadt gibt es kein Wasser, keinen Strom und keine medizinische Versorgung mehr. Angaben über die Zahl der zivilen Opfer gibt es nicht. Der Rote Halbmond schickt Hilfsgüter in die zerstörte Stadt und betreut Flüchtlinge in der Umgebung

BAGDAD/BERLIN afp/dpa/taz ■ Auch sechs Tage nach Beginn der Offensive gegen die irakische Stadt Falludscha ist nicht bekannt, wie viele Opfer es gegeben hat. Nach US-Angaben aus dem Irak kamen 24 amerikanische und 5 irakische Soldaten ums Leben, fast 180 US-Soldaten wurden verletzt. Allerdings meldet das US-Hospital im pfälzischen Landstuhl, seit vergangenem Montag seien dort 412 Soldaten behandelt worden, die bei den Kämpfen um Falludscha verletzt wurden. Allein am Donnerstag seien 104 Soldaten nach Landshut gebracht worden, am Samstag waren es 70, wie die Krankenhaus-Sprecherin Marie Shaw gestern mitteilte. Die meisten hätten Schussverletzungen und Verbrennungen.

Nach Angaben des irakischen Ministers für Nationale Sicherheit, Kasim Daud, wurden bei den Kämpfen über 1.000 Aufständische getötet und etwa 200 gefangenen genommen. Allerdings habe Abu Musab Sarkawi, dessen Gruppe sich zu zahlreichen Anschlägen und Geiselnahmen bekannt hat, entkommen können.

Abu Aad al-Dlimi, Specher des „Rates der Mudschaheddin“ in Falludscha, sagte gegenüber dem Fernsehsender al-Dschasira, bei den Kämpfen in der 50 Kilometer westlich von Bagdad gelegenen Stadt seien 150 amerikanische und irakische Soldaten ums Leben gekommen; über 270 weitere seien verletzt worden. Er widersprach auch den Angaben Dauds und erklärte, es gebe nicht mehr als 100 „Märtyrer“. Bei allen anderen Getöteten handele es sich um unbewaffnete Zivilisten.

Informationen über die Zahl von zivilen Opfern gibt es nicht. Wie die Washington Post berichtet, treffen aber inzwischen Verletzte in den Bagdader Krankenhäusern ein. Zum Beispiel der Taxifahrer Farhan mit seinen beiden Söhnen. Der elfjährige Alaa wurde in der Brust getroffen, der siebenjährige Nafe verlor ein Bein. Der irakische Journalist Fadhil Badrani aus Falludscha berichtete gegenüber der BBC von einem Mann, der bei Bombenangriffen zwei Kinder verlor. Da es zu gefährlich ist, sich in der Stadt zu bewegen, war es ihm nicht möglich, sich einen genaueren Überblick zu verschaffen. Am Samstag erreichte ein erster Konvoi des irakischen Roten Halbmonds die schwer zerstörte Stadt. Die Sprecherin des Roten Halbmonds, Farus al-Ibadi, sagte gegenüber der BBC, fünf Lastwagen mit Hilfsgütern und drei Ambulanzen hätten das Zentralkrankenhaus von Falludscha erreicht, dürften aber nicht weiter. Die US-Armee begründete dies mit Sicherheitsgründen. Al-Ibadi sprach im irakischen Fernsehen von einem „menschlichen Desaster“. Es gebe kein Wasser, keinen Strom und keine medizinische Versorgung mehr. Die vielen auf den Straßen liegenden Leichen könnten nicht geborgen werden.

Ein anderes Problem ist die Versorgung der zahlreichen Flüchtlinge in den Dörfern und Lagern in der Umgebung Falludschas. Der Rote Halbmond konnte am Freitag rund 5.000 Flüchtlinge in zwei Ortschaften versorgen. Die Flüchtlinge seien in einer schlechten Verfassung und erweckten den Eindruck, sie hätten seit Tagen nichts gegessen, sagte al-Ibadi gegenüber Irin, der Nachrichtenagentur des UN-Büros für die Koordination humanitärer Hilfe.

In einer in Bagdad an Journalisten ausgehändigten Erklärung mehrerer radikaler Islamistengruppen hieß es, die Anführer von 13 Organisationen hätten entschieden, „den Kampf auf alle Provinzen und Orte im Irak auszudehnen“. Zu den beteiligten Gruppen gehörte unter anderem die Organisation Sarkawis. Die Echtheit des Papiers konnte nicht überprüft werden. Anführer des Aufstands in Falludscha hatten am Freitag behauptet, 90 Prozent der Kämpfer hätten die Stadt verlassen und seien zu dutzenden nach Bagdad aufgebrochen, um dort den Kampf fortzusetzen. B.S.