„Vertrauen ist wichtiger als Geld“

Ausschreibungen bleiben ein wichtiges Mittel der Auftragsvergabe. Aber sind sie immer sinnvoll? Der Politologe Werner Jann lobt BA-Chef Gerster für seine Kommunikationsarbeit

taz: Herr Jann, Sie waren Mitglied der Hartz-Kommission, die sich mit dem Umbau der Bundesanstalt für Arbeit beschäftigt hat. Was halten Sie vom rasanten Anstieg des Etats für Öffentlichkeitsarbeit unter Herrn Gerster?

Werner Jann: Dass zusätzliche Mittel aufgewendet werden, ist in Ordnung. Wir haben damals die Kommunikation der Bundesanstalt als eines ihrer großes Probleme gesehen. Die Öffentlichkeit wusste nicht, was die Behörde macht. Und die Mitarbeiter oft auch nicht.

Was haben Sie vorgeschlagen?

Vorgaben haben wir als Hartz-Kommission nicht gemacht – aber es bestand gar kein Zweifel, dass ein so gewaltiger Umbauprozess mehr und bessere Kommunikation nach außen und innen verlangt. Insofern sind die Anstrengungen von Herrn Gerster löblich.

Kann sich der Bundesrechnungshof also seine Untersuchung sparen?

Natürlich nicht. Ob in der Bundesanstalt immer die richtigen Berater tätig sind und ob einzelne Aufträge nicht zu teuer sind, das kann man diskutieren.

Aber alles wäre in Ordnung, wenn es eine Ausschreibung für den Beratervertrag von WMP gegeben hätte?

Gerster hätte sich selbstverständlich an geltendes Recht halten müssen. Aber man darf nicht vergessen: Die bisherige Vergabepraxis wird allseits kritisiert. Sie ist irre kompliziert, viel zu langsam und es gibt zum Beispiel keine Möglichkeit, Verträge nachzuverhandeln. Deswegen soll die Vergabepraxis ja auch im Rahmen des Masterplans Bürokratieabbau der Regierung vereinfacht werden.

Hat Gerster also nur vorweggenommen, was später sowieso erlaubt ist?

Nein, die Ausschreibungen sollen ja nicht abgeschafft werden. Aber sie haben eben Grenzen. Letztlich sind sie ein recht schematischer Preisvergleich. Oft aber ist Vertrauen wichtiger, gerade bei komplexen Aufgaben. Es kommt häufig vor, dass es ein Problem gibt, aber noch keine klare Lösungsstrategie. Die sollen die Berater erst erarbeiten. Da holen Sie sich doch nicht eine Firma ins Haus, von der Sie noch nie gehört haben, nur weil sie am billigsten ist.

Führt das nicht zum Klüngeln?

Angebot und Nachfrage haben bei der Politikberatung deutlich zugenommen. Da gibt es starken Wettbewerb.

Ist diese viele Beratung nicht ein Misstrauen der Politik gegen ihre eigenen Apparate?

Das ist klassisches Outsourcing. Entwicklung und Teile der Öffentlichkeitsarbeit sind befristete Tätigkeiten. Da wäre es absurd, Leute fest anzustellen.

Es scheint keine Politik mehr zu geben, sondern nur noch Beratung. Imageberatung für Politiker, Beratungskommissionen, Organisationsberatung, Spin-doctors …

Das muss man differenzieren. Die Imageberatung für Politiker ist tatsächlich neu. Aber Kommissionen hat es schon immer gegeben. Ihre Zahl hat sogar abgenommen, wie Untersuchungen zeigen. Der Unterschied zu früher ist: Die Berichterstattung der Medien hat sich in den letzten Jahren verdreifacht.

INTERVIEW: ULRIKE HERRMANN