kommentar: verkopfte konservative
: Koalitionsstreit vor dem Wechsel

Obwohl sie noch gar nicht regieren, sind CDU und FDP bereits heillos zerstritten. Gemeinsam wollen Schwarze und Gelbe bei der NRW-Landtagswahl am 22. Mai 2005 die seit 1966 regierenden Sozialdemokraten ablösen. Doch bei einem der zentralen Reformprojekte – der Neuordnung des teuren und bürokratischen Gesundheitssystems – liegen sich CDU und FDP schon vor dem Ziel ‚Machtwechsel 2005‘ in den Haaren.

Die NRW-Konservativen um Jürgen Rüttgers und Arbeitnehmer-Vertreter Hejo Arentz feiern ihre komplizierte Kopfpauschale als sozial gerechtes Zukunftsprojekt. Die Liberalen lästern über den CDU/CSU-Kompromiss. Auffällig ist, wie unnachgiebig FDP-Landeschef Andreas Pinkwart gestern das Unionsmodell kaputt redete. Er sieht sogar die „Regierungsfähigkeit“ der CDU gefährdet. Auch FDP-Bundesvorsitzender Guido Westerwelle qualifizierte die CDU-Pläne gnadenlos als „Flickschusterei“ ab.

Oberflächliche Beobachter mögen den Dissens zwischen CDU und FDP als typische Politiker-Scharmützel abtun. Der Konflikt ist aber tiefgreifender und dramatischer. Beide Oppositionsparteien haben grundverschiedene Auffassungen darüber, welche Reformen in Deutschland und in NRW notwendig sind. Die CDU hat sich jetzt für bürokratisch abgemilderten Sozialabbau entschieden, die FDP will die solidarische Krankenversicherung am liebsten ganz abschaffen und privatisieren. Falls CDU und FDP wirklich ab Mai 2005 in NRW – und über den Bundesrat auch in der ganzen Republik – das Sagen haben, dürfte der Glaubenskrieg zwischen Unionschristen und Neoliberalen auf der Düsseldorfer Regierungsbank ausgetragen werden. Schwarz-Gelb ist weniger denn je ein politisches Projekt. In welche Richtung CDU und FDP das Land NRW führen wollen, ist seit gestern so unklar wie nie. MARTIN TEIGELER