Büßen und Beten für mehr Beschäftigung

Mit kürzerer Arbeitszeit zu mehr Jobs: In Köln demonstrieren Ver.di und Attac am Mittwoch für die Wiedereinführung des Buß- und Bettages als Feiertag. Angestellte von Uni und Bezirksregierung streiken gegen Sparpläne des Landes

Köln taz ■ Bundesfinanzminister Hans Eichel hat gerade vergeblich versucht, den Deutschen einen gesetzlichen Feiertag, den 3. Oktober, zu klauen, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. 1995 waren die Politiker erfolgreicher: Sie schafften – außer in Sachsen – den protestantischen Buß- und Bettag ab, um so den Arbeitgebern ihren Anteil an der Pflegeversicherung zu finanzieren. In einem bundesweiten Aktionstag wollen sich Ver.di und Attac diesen Feiertag jetzt auch in Köln wieder „aneignen“.

Dazu ruft das „Bündnis Soziale Bewegung Köln“ am morgigen Mittwoch, dem aktuellen Datum des beweglichen kirchlichen Feiertags, um 16 Uhr zu einem Protest auf dem Wallrafplatz auf. Neben Ver.di und Attac gehören dem Bündnis unter anderem die Katholische Arbeiterbewegung (KAB), das Kölner Sozialforum und „Kein Blut für Öl“ an.

„Die Verlängerung der Arbeitszeit etwa durch die Aufhebung eines Feiertages bringt keinen Arbeitsplatz mehr“, stellt die Kölner Ver.di-Sekretärin Vera Schumacher klar. Und Attac-Sprecher Hans Günter Bell meint: „Wenn diejenigen, die noch Arbeit haben, demnächst länger arbeiten, führt das nur zu noch mehr Arbeitslosigkeit.“ Das Fazit für Schumacher: „Wer mehr Arbeitsplätze schaffen will, muss die Arbeitszeit verkürzen, damit die vorhandene Arbeit auf mehr Schultern verteilt werden kann.“ So ist die „Wieder-Aneignung“ des Buß- und Bettages bei dieser Aktion auch eher symbolisch zu verstehen. Es geht generell um Arbeitszeitverkürzung, Lohnerhöhung und eine Ausweitung des Kündigungsschutzes.

Im Anschluss an die Aktion meldet sich die Gruppe „agitart“ zu Wort. Mit einer „Entschleunigungs“-Demonstration durch Kölner Einkaufsstraßen wollen die Aktionskünstler ihre grundlegende Kritik an der Arbeits- und Wirtschaftspolitik artikulieren. Sie fordern „mehr Zeit und Muße“ für die Menschen und setzen sich unter anderem für eine „gerechte, nachhaltige und soziale Gesellschaft“ ein.

Ebenfalls für Mittwoch hat Ver.di die Landesbeschäftigten zum Streik und zur landesweiten Demonstration nach Düsseldorf aufgerufen. In Köln gilt dies unter anderem für die Bezirksregierung, die Universität und das Studentenwerk. Der Protest richtet sich gegen die von der Landesregierung geplante Arbeitszeitverlängerung und die Kürzung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Jürgen Schön