Bürger in Uniform

Scharnhorst-Kaserne präsentiert Bremer Militärgeschichte: Von der Bürgerkompanie bis zur Bundeswehr – fast alles Bürger in Uniform

Wehrmacht? Zwei Offiziere, die in Opposition zur Naziführung stehen

Bremen taz ■ Wer aufräumt, findet bisweilen Dinge, die der näheren Betrachtung lohnen. So ähnlich mag es Oberst Greiner gegangen sein, als er den Fahnensaal der Scharnhorst-Kaserne unter die Lupe nahm. Alte Fahnen, Uniformröcke und Orden verstaubten dort – von denen kaum noch einer der Soldaten wusste, wofür sie standen. Greiners Idee: eine Ausstellung. Eine, die historisch-didaktischen Ansprüchen genügt. Professionelle Hilfe holte sich Greiner dazu vom ehemaligen Kriegsdienstverweigerer und Mitarbeiter des Focke Museums, Heinz Gerd Hofschen. Der stellte nicht nur sein Fachwissen, sondern auch Exponate seines Hauses zur Verfügung.

Zwei Traditionen charakterisieren demnach das Militär in Bremen: zum einen die Bürgerkompanien, die für den „Bürger in Uniform“ stehen, zum anderen das Stadtmilitär, das das „professionalisierte Töten“ (O-Ton Hofschen) repräsentiert. Erstere gingen zivilen Berufen nach und wählten ihre Offiziere aus den eigenen Reihen. Ihre letzte Sternstunde hatten sie in der Revolution von 1848: Auf ihren Druck hin erließ der Senat ein gleiches und freies Wahlrecht für alle Männer – das Bürgermeister Smidt freilich schon ein Jahr später wieder kippte.

Für die andere Seite der Bremer Miltärgeschichte, den absoluten Gehorsam des Untertans, so lernen die BesucherInnen von Greiners kleiner Sammlung, stand das 75. preußische Infranterieregiment. Sein Schicksal war durch die militärische Niederlage im ersten Weltkrieg besiegelt.

Die Wehrmacht wird bei der Ausstellung durch zwei Offiziere vertreten, die sich in Opposition zur Naziführung befanden. Oberst Hellmuth Groscurth und General Hans Graf von Sponeck. Die beiden, begründet Hofschen, sollten den heutigen Bundeswehrsoldaten als Vorbild dienen: „Es ging uns auch darum zu zeigen, welche Handlungsmöglichkeiten die Offiziere haben“, sagt Hofschen.

Bei der Auswahl der Exponate dominieren Uniformenjacken und Helme. „Das war beabsichtigt Daran kann man sehen, wie sich der Charakter des Krieges verändert hat“, sagt Hofschen. Da bekommt die preußische Pickelhaube eine Tarnüberzug und die verschnörkelte, fast schon barocke Uniform des 19. Jahrhunderts weicht im ersten Weltkrieg der grauen Zweckuniform. Zusammen mit dem Maschinengewehr, so Hofschen, solle hier das Augenmerk auf die „Mechanisierung des Mordens“ gelenkt werden.

In der letzten Vitrine setzt sich die Bundeswehr mit ihrer eigenen Geschichte auseinander. „Als die sich 1956 am Rande Bremens einrichteten, waren sie nicht unumstritten, sie hatten Anweisung, nicht mit Uniform in die Stadt zu gehen“, weiß Hofschen zu berichten. In Bremen, damals Hochburg der Arbeiterbewegung, herrschte gut zehn Jahre nach Kriegsende ein antimilitaristischer Konsens. Und auch später blieb die Stadt für die Bundeswehr kein einfacher Standort. Die Auseinandersetzungen um dieVereidigung von 1.700 Rekruten im Weserstadion im Mai 1980 bleibt dann auch nicht unerwähnt. Für bundesweite Empörung habe das kriminelle Verhalten der Protestierer gesorgt, heißt es auf einer erläuternden Tafel. Fritz Schorb