Wulff setzt wieder aufs gleiche Pferd

Rückbesinnung zwischen Harz und Nordsee: Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) schafft nicht nur das vor dreizehn Jahren von Gerhard Schröder (SPD) eingeführte Punkt-Strich-Pferd als Landeswappen ab

HANNOVER taz ■ Er schleift nicht nur Bezirksregierungen, Orientierungsstufe oder das Blindengeld. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff und seine CDU setzen auch auf eigentlich unpolitischem Gebiet Duftmarken, um 14 Jahre roten Mief zwischen Harz und Nordsee vergessen zu machen. Gleich bei der konstituierenden Sitzung im vergangenen Jahr schepperte eine Polizeikapelle die Deutschlandhymne im nun schwarz-gelb dominierten Landtag an der Leine – so was hatte es in Hannover selbst zu Albrecht-Zeiten nicht gegeben. Auf ihren Parteitagen schmettern die Schwarzen inzwischen nicht nur mit steigender Begeisterung das Niedersachsenlied, Landtagspräsident Jürgen Gansäuer (CDU) bot sogar allen Abgeordneten an, den eingängigen Groove („Wir sind die Niedersachsen – sturmfest und erdverwachsen“) als Klingelton aufs Handy zu laden.

Spätestens seit die Gewerkschaften witzeln, CDU und FDP sparten das stolze Niedersachsen-Ross zum Klappergaul, gewinnt das Thema „Pferd“ im Land Konjunktur. Die CDU quälte das Parlament im Januar mit einem „Pferde-Entschließungsantrag“. Er wolle „das ,Pferdeland‘ Niedersachsen weiterentwickeln“, freute sich Fraktionschef David McAllister. Niedersachsen sei nicht nur „schon immer ein Pferdeland gewesen“. „Rassebegriffe“ wie „Hannoveraner“ und „Oldenburger“ seien zudem „Markenzeichen“, die „über die reitende Bevölkerung hinaus hohen Bekanntheitsgrad“ hätten und „zu erstklassigen Werbeträgern“ für Niedersachsen geworden seien. McAllister schloss, „der Faktor Pferd“ müsse „stärker in die Entwicklung des ländlichen Raumes eingebunden werden“.

Jetzt legte der Ministerpräsident, der den Kulturkrampf bislang stillschweigend gedeckt hatte, nach: Nachdem Wulff mit seinem Versuch bauchgelandet war, die „klassische“ Rechtschreibung wieder einzuführen, dekretierte er, das gleichsam „klassische“ weiße Niedersachsenross auf rotem Grund müsse auf sämtliche Briefköpfe, Visitenkarten und Behördenschilder des Landes zurückkehren. Alles natürlich völlig kostenneutral: Politik und Verwaltung sollen die Materialien mit dem alten Logo erst mal aufbrauchen. Der Punkt: Das Wulff-Pferd, dessen Ursprünge ins 15. Jahrhundert zurückgehen, ersetzt das modernere Punkt-Strich-Logo, das ein gewisser Gerhard Schröder (SPD) 1991 einführen ließ. Viele fragen sich nun: Was droht Restdeutschland, wenn der noch als „Reservekandidat“ gehandelte Osnabrücker statt Angela Merkel gegen Schröder in die Bütt geschickt wird?

Die Sozen sind so entsetzt wie machtlos: „Ich würde eher ein Schaukelpferd vorschlagen“, sagt Exministerpräsident Sigmar Gabriel, der so gerne isst wie scherzt. Nicht nur die Geschichte mit dem Wappen zeige ja, dass Wulff seine Wähler verschaukle. Auch nicht schlecht: Gabriels Kronenvorschlag. Immerhin hatte sich Wulff ja unlängst als „Anhänger des englischen Oberhauses“ geoutet. Wenn er ab Jahr 2008 wieder den Hut an der Leine aufhabe, will der SPD-Fraktionschef dem Land aber zunächst einen Gehstock als Landeswappen verpassen. Gabriel: „An dem dürfte Niedersachsen nach fünf Jahren CDU/FDP-Regierung gehen.“ KAI SCHÖNEBERG