Schwarz-Schill sucht Viererbande

Nach dem Pyrrhussieg des neuen Bildungssenators Soltau wähnt jede Koalitionspartei die Verräter bei den anderen. Gemeinsam aber warten sie auf Schill

Der Schock in der Rechts-Koalition sitzt tief. Zu haarscharf schrammte das Bündnis bei der Wahl des neuen Bildungssenators Reinhard Soltau (FDP) am Mittwoch in der Bürgerschaft an einer Niederlage vorbei, die das Ende von Schwarz-Schill bedeutet hätte. Die Suche nach der Viererbande, die Soltau in der geheimen Wahl die Zustimmung versagte, blieb bislang erfolglos. Umso kräftiger sprießen die Spekulationen.

In der Schill-Fraktion wird beteuert, alle 24 anwesenden Abgeordneten hätten für Soltau votiert. Fraktionsgeschäftsführer Stephan Müller verweist auf eine „geschlossene“ Probeabstimmung der Fraktion am Mittwochmittag: „Wir waren das nicht.“ Das klingt auch in den Ohren der FDP „durchaus glaubwürdig“, so ein Abgeordneter, der seinerseits „keine Gerüchte in die Welt setzen möchte“. Aber er verweist darauf, dass Fraktionschef Burkhardt Müller-Sönksen in den Tagen vor der Abstimmung „mit allen möglichen Wackelkandidaten“ bei Schill gesprochen und dabei „den Eindruck gewonnen hat, dass die mitziehen“. Die Liberalen selbst stehen kaum unter Verdacht, ihrem eigenen Parteichef die Gefolgschaft versagt zu haben.

Bliebe also die CDU. Argwohn ihr gegenüber nährt vor allem die Frage des Motivs. „Die würden bei Neuwahlen doch gut wegkommen“, verweisen mehrere Koalitionsabgeordnete auf Umfragen, welche der CDU bis zu 40 Prozent in Hamburg vorhersagen. FDP und Schill, die ums parlamentarische Überleben bangen müssten, hätten hingegen „gar kein Interesse an Neuwahlen“. Zudem würden diese nach dem geltenden Wahlrecht abgehalten werden, das vielen altgedienten Unions-Parlamentariern ein neues Mandat verspreche. Einen Urnengang nach Inkrafttreten der diskutierten Wahlrechtsreform müssten sie dagegen fürchten.

Aus der CDU wiederum ist zu hören, dass getreue Schill-Gefolgsleute die Abweichler seien. Eine Wiederauferstehung des Richters auf dem morgigen Landesparteitag sei „als Signal einkalkuliert“ worden, um nach einem Koalitionsbruch „mit neuem Schwung“ in einen kurzen Wahlkampf bis Ende Januar zu ziehen. „Unsinn“, sagen Schillianer. Bleiben als kleinster gemeinsamer Nenner gegenseitiges Misstrauen – und das bange Warten auf Schills Auftritt.

sven-michael veit