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Bambi-Verleihung: Eine Heerschau falscher Gefühle. Und dafür zieht Jan Fedder Smoking an

Bei Ali haben alle Tränen in den Augen, und die Kanzlergattin redet von Menschlichkeit

von PETER AHRENS

Vielleicht ist es eine naive Frage, vielleicht aber auch nicht: Was könnte man mit diesen vier Millionen Euro anfangen? Ein paar Hochschulstipendien finanzieren, Kindergartenplätze organisieren, Sozialhilfeemfängern unter die Arme greifen. Stattdessen hat die Burda-Verlagsgruppe diese vier Millionen Euro investiert, um am Donnerstagabend die Gala zur Verleihung des „Bambi“ im Hafen auszurichten, und die Stadt Hamburg hat noch einmal 500.000 Euro draufgesattelt. Viereinhalb Millionen Euro, damit sich die Fotografen um Jan Fedder im Smoking prügeln können. Der Kiezbulle im Smoking. Wenigstens schaut er beim Defilee auf dem roten Teppich recht unglücklich drein. Es sei ihm gegönnt.

Ein Heerlager hat Burda dieser Tage rund ums Musical-Zelt im Hafen errichtet, wie dereinst die Armeen der frühen Neuzeit mit MarketenderInnen im Schlepptau, der gesamten Armada von Caterings, Securities, assistances of the assistance, in ihrer Bedeutung vereint durch den Button, den sie um den Hals baumeln haben.

Und da kommen sie schon: Cherno Jobatay und Barbara Schöneberger, das Ratpack Bohlen, Kai Diekmann und Katja Kessler, Kai Pflaume und das No-Surename-Produkt Alexander und Carsten Spengemann und auch Karl Dall. Aber den beachtet niemand. Und fast alle Menschen bis auf ihn haben diese jungen und makellos schönen Gesichter, bei denen man solche Angst hat, dass sie den Mund öffnen und genau das sagen, was zu befürchten war.

Sie alle räkeln sich in der Sonne der Blitzlichter, im Hintergrund auf den Fernsehschirmen räkeln sich die Sponsorennamen. Sabine Christiansen wird später eine elaborierte Lobrede auf die Lufthansa halten, Lufthansa-Aufsichtsratschef Jürgen Weber bekommt einen Bambi, und die Airline hat auch das Gewinnspiel des Abends spendiert. Das hat aber alles nichts miteinander zu tun.

Und immer und immer wieder das feiste Gesicht von Burda-Focus-Chef Helmut Markwort, der den ganzen Abend über die Zähne nicht geschlossen bekommt.

Die Show beginnt, während wir Journalisten in der Presselounge Bier trinken, bis keines mehr da ist und das Buffet plündern. Und natürlich ist für uns Medienleute so ein Abend beim Bambi um vieles angenehmer, als sich stundenlang in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss den Hintern platt zu sitzen. Hubert Burda hat ja auch in seinem Grußwort die Medienstadt Hamburg so gelobt, weil hier die Bild-Zeitung und die Tagesschau gemacht werden. Den Spiegel erwähnt er nicht, und Markwort reißt den Mund vor Lachen weit auf.

Doris Köpf, auch ehedem ein journalistisches Burda-Pflänzchen, bevor sie zur Kanzlergattin wurde, erzählt derweil im Saal etwas von Menschlichkeit und sozialer Gerechtigkeit, und man hat dabei den SPD-Parteitag der Vorwoche vor Augen. Aber hier geht es darum, dass Peter Maffay etwas für Kinder in Not tut, und da kann man natürlich nichts dagegen sagen. Da haben alle ein gutes Gefühl.

Es gibt ganz viel Gefühl an diesem Abend. Dafür haben sie schon gesorgt: Hubert Burda und Bunte-Chefin Patricia Riekel und der Geschäftsführer der Burda-People Group, Philipp Welte, der so ausschaut, als könne er der neue Partner vom Weißen-Tiger-Siegfried in Las Vegas werden. Sie haben schließlich genug Geld ausgegeben, um den Parkinson-kranken Muhammed Ali dort vorn auf der Bühne auftreten zu lassen. Und da haben sie auch kurz Tränen in den Augen, der arme Kerl. Aber Gott sei dank kommt ganz schnell der 100-jährige Johannes Heesters auf die Bühne, und alle jubeln. Und Ali steht noch ein bisschen verloren da vorn herum.

Am Ende des Abends sagt TV-Altmoderator Frank Elstner, besonders gefallen habe ihm, dass es ein „nationaler Abend“ war. Und CDU-Wirtschaftssenator Gunnar Uldall betont, dass „so ein Ereignis mit Geld gar nicht zu bezahlen ist“.